Expertenbefragung zum Thema
Online-Marketing im Kulturbereich:
Interview mit Dr. Kerstin Hoffmann

Interview Nr. 19 meiner Expertenbefragung zum Thema Online-Marketing im Kulturbereich

Dr. Kerstin Hoffmann

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Dr. Kerstin Hoffmann ist gelernte Journalistin und promovierte Philologin. Sie berät Unternehmen und Institutionen in ihrer gesamten Werbung und PR. Fünf Jahre lang war sie Stellvertretende Museumsleiterin und Kommunikationschefin im Museum der Deutschen Binnenschifffahrt (Duisburg). In ihrem Blog „PR-Doktor“ befasst sie sich mit klassischer Kommunikation ebenso wie mit den Möglichkeiten des Web 2.0.

 

Zu den Fragen

Das Internet hat das Marketing, dabei vor allem die Kommunikationspolitik, grundlegend verändert. “Kein anderes Medium veränderte in den letzten Jahren sowohl die Kommunikationsgewohnheiten als auch die Austauschbeziehungen in vergleichbarer Weise wie das Internet und wird es in den nächsten Jahren weiterhin revolutionieren”, sagt dazu Dr. Armin Klein, Professor am Institut für Kulturmanagement der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg.

1) Mehr und mehr Unternehmen ergänzen ihren Marketing-Mix durch Online-Marketing-Maßnahmen. Wie sieht es im Kulturbereich aus? Hat sich das Internet im Kulturmarketing schon durchgesetzt?

Definitiv: Ja, schon lange. Nach meiner Beobachtung sind vor allem Kultureinrichtungen sehr früh Vorreiter gewesen, was die regelmäßige Aktualisierung von Websites angeht. Darauf sind sie ja viel mehr angewiesen als die meisten Unternehmen. Fast alle Einrichtungen, die ich kenne (und alle, die ich berate), stellen Veranstaltungskalender, Ausstellungs-Ankündigungen und dergleichen schon seit Jahren ins Netz. Viele wissen, dass ein Großteil der (potenziellen) Besucher sich als erstes im Internet informiert. Das ist also schon lange unverzichtbar. Wie konsequent diese Aktualisierungen tatsächlich durchgehalten werden, ist unterschiedlich. Ich sehe aber fast durch die Bank einen sehr hohen Grad der Professionalität auch bei kleinen Einrichtungen.

2) Web 2.0 -”das Mitmach-Web”, wird zurzeit viel diskutiert. Anfangs wurden Blogs, Podcasts, Wikis und andere “Web 2.0″-Anwendungen eher als Spielzeug der Webaffinen gesehen, in jüngster Zeit werden Anwendungsmöglichkeiten für das Marketing ausgelotet. Siehst Du hier Potenziale und Chancen für das Online-Marketing von Kultureinrichtungen?

Ebenfalls definitiv ja. Viele der häufigen und oft komplexen Aktualisierungen werden mit Web-1.0-Mitteln und händisch vorgenommen. Da läuft häufig seit Jahren ein und dasselbe Content-Management-System auf dem Server. Vieles könnte effizienter und damit – bei Einsatz der gleichen Zeit und der gleichen Mittel – noch professioneller und schneller geschehen.

Publikums-Befragungen spielen im Kulturbereich eine wichtige Rolle, sind aber aufwändig und teuer. Web 2.0 bietet viele Möglichkeiten, einfach und schnell Feedback zu bekommen. Allerdings verführt es auch dazu, etwas „einfach mal so“ zu machen, weil es technisch möglich ist. Ohne professionelle Begleitung kann das leicht nach hinten losgehen.

3) Zum Status Quo des Online-Marketings in Kultureinrichtungen: Wie betreibt denn der “typische Kulturbetrieb” Online-Marketing? Welche Möglichkeiten sind Kulturbetrieben bekannt, welche Maßnahmen führen sie durch?

Aus meiner Sicht liegt das Hauptproblem darin, dass beispielsweise in Museen häufig das Marketing und die Öffentlichkeitsarbeit von Museumsleuten mit gemacht wird, oft ohne dass sie speziell darin ausgebildet sind. Dafür machen sie es meist bemerkenswert gut und mit großem Engagement. Aber sie sind eben keine Kommunikations-Profis. Große Etats für externe Dienstleister – wie Werbeagenturen – sind gerade in kleineren Häusern nicht vorhanden. Da muss alles mit Bordmitteln gestemmt werden, und das neben dem laufenden Betrieb. Selbst für Fortbildungen in dem Bereich fehlen meist die Mittel und noch viel mehr die Zeit. Jemand, der schon kaum weiß, wie er die nächste Ausstellung rechtzeitig fertig bekommt, wird nicht noch bloggen oder twittern. Daher hängt es stark von dem individuellen Interesse und den Kenntnissen des betreffenden Verantwortlichen ab, inwieweit neue Möglichkeiten genutzt werden.

4) Blick in die Zukunft:
Was wird in den nächsten 3-5 Jahren im Online-Kulturmarketing passieren? Wie werden Kultureinrichtungen das Internet im Marketing nutzen? Wohin geht die Entwicklung?

Kulturschaffende sind in der Regel sehr offen für neue Medien und Möglichkeiten. Und sie sind oft geübt darin, auch mit geringen Mitteln größtmögliche Wirkung zu erzielen. Das ist etwas, das mit Web-2.0-Mitteln sehr gut funktioniert. Es gibt zur Zeit einige Vorreiter. Es gibt Leute wie dich oder Christian Henner-Fehr – und etliche andere -, die ihnen zeigen, welche Vorteile das hat und wie es gemacht wird. Seminare und Webinare sind eine gute Lösung für alle diejenigen, die keine großen Etats für Werbeagenturen und Einzelberatung haben. Die Kultureinrichtungen werden nach meiner Einschätzung in großem Ausmaß sehr schnell nachziehen – wahrscheinlich lange, ehe alle Unternehmen so weit sind.

5) Was rätst Du Kultureinrichtungen, die mit Online-Marketing starten oder die ihr Online-Marketing verbessern wollen? Kurzer Tipp von der Expertin?

1. Ziele und Zielgruppen beschreiben. Es geht ja nicht darum, beliebig neue Medien einzusetzen, sondern hauptsächlich darum, die potenziellen Besucher, die Sponsoren, die Multiplikatoren zu erreichen.
2. Technische und gestalterische Möglichkeiten ausloten: Was ist für uns sinnvoll? Was bringt uns in Hinblick auf unsere Ziele weiter? Nicht jede Spielerei ist zielführend.
3. Eigene Ressourcen prüfen: Was können wir selbst an Zeit investieren? Was können wir outsourcen und auch auf Dauer finanzieren? Konzepte müssen so angelegt sein, dass sie auf lange Sicht durchzuhalten sind.
4. Fachlichen Rat einholen: Zumindest punktuell sollte ein externer Berater den Prozess begleiten und auch regelmäßig auf Wirksamkeit und Erfolg überprüfen.

6) Vielen Dank!

Zur aktuellen Befragung

Hat das Internet schon Einzug gehalten in den Kulturbereich? Wird es für das Marketing genutzt? Wie sieht der Status Quo des Online Kulturmarketing aus und was könnte die Zukunft bringen? Was sagen Experten dazu?

Studie gibt es bisher keine zu diesem Thema; ich habe beschlossen, die Einschätzung einiger ExpertInnen einzuholen und die Interviews in mein Blog zu stellen – und dann abschließend eine Auswertung zu liefern.

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