Fotografieren im Theater oder Museum – störend oder eine Bereicherung für die Besucher?
Dass bei Theater- oder Opernaufführungen fotografierende Besucher als störend empfunden werden – sowohl von den Schauspielern als auch von anderen Besuchern, wurde in der Ideenbörse für das Kulturmarketing ausführlich diskutiert.
Ich kann die Argumente der Theaterleute gut nachvollziehen, wie z.B. das von Luise Häberle:
Also – wenn Du um die 150 Mal im Jahr auf der Bühne stehst, und bei jeder Vorstellung jede(r), der / die Lust hat, fotografiert, ist das pro Abend ein ungeheuer störendes Moment, da jede(r) was anderes knipsen will.
Wir arbeiten mit „Lichtstimmungen“ (!), wenn jede Stimmung durch Blitze (und die werden nicht abgestellt) gestört wird, dann stimmt es nicht mehr.
Fotografieren, v.a. blitzen, gehört dort verboten, wo es andere stört. Es gibt ja leider immer wieder Leute, die es nicht bemerken, wenn sie anderen auf die Nerven fallen…
Aber ein generelles Fotoverbot im Theater halte ich nicht für sinnvoll, ebenso wenig im Museum.
Ich kann den Leuten nicht vorschreiben, auf welche Weise sie Kultur genießen sollen. Wenn jemand glücklicher ist, wenn er die Aufführung oder den Rundgang durchs Museum „durch die Fotolinse“ sieht, warum nicht?
Als Konkurrenz für professionelle Bilder würde ich die Hobby-Knipser nicht sehen. Auf der einen Seite werden vielleicht etwas
weniger Postkarten im Museumsshop verkauft, auf der anderen Seite bringen Bilder, die auf einem Blog veröffentlicht werden, wieder etwas für den Bekanntheitsgrad…
Wie seht Ihr das?
Das Contemporary Jewish Museum hat übrigens eine Flickr-Gruppe eröffnet und lädt Besucher ein, ihre Fotos vom Museumsbesuch in den Gruppenpool zu stellen, um sie mit anderen Gruppenmitgliedern zu teilen:
[…] Fotografieren im Theater oder Museum – störend oder eine Bereicherung für die Besucher? | Kulturma… kulturmarketingblog.de/fotografieren-im-theater-oder-museum-storend-oder-eine-bereicherung-fur-die-besucher/ – view page – cached Dass bei Theater- oder Opernaufführungen fotografierende Besucher als störend empfunden werden – sowohl von den Schauspielern als auch von anderen Besuchern, […]
Ich könnte viel dazu schreiben, die Diskussion bei meinem Beitrag hast Du ja gesehen. Ich dachte sie wäre beendet, da entfachte sie durch Deinen Beitrag aufs Neue. Das Fotografieren ist (ohne Blitz) im übrigen bei vielen Museen gestattet, weswegen es mich umso mehr wundert, dass es bei anderen nicht gestattet ist.
Was die Einstellung der Theaterleute anbetrifft, denke ich gerade über einen Blogbeitrag nach, den ich mit „Die uns die Hochkultur bringenden Titanen, die schon die nächste Evolutionsstufe nach Mensch sein erreicht haben.“ betiteln würde.
Seltsamerweise habe ich mit den Menschen, die Strassentheater, Strassenkunst betreiben überhaupt keine Probleme. Ich gehe oft auf sie zu, wenn sie fertig sind, sage kurz wer ich bin und überreiche meine Visitenkarte. In der Regel freuen sie sich dann und manchmal bekomme ich eine E-Mail in der sie Fragen, ob sie paar Fotos für eigene Zwecke bekommen könnten.
Aber, was rede ich denn da. Das sind ja keine richtigen Theaterleute, die Subventionen kassieren. Nur so dahergelaufene Strassen…
Hallo Norbert,
ich hab die Diskussion auf der Ideenbörse erst jetzt gesehen, und da sie ja schon eine Weile her ist hab ich meine Gedanken dazu lieber in einen eigenen Beitrag gepackt als noch einen Kommentar unten dran zu schreiben…
So wie in vielen anderen Bereichen fühlen sich halt die Profis von den Amateuren angegriffen, es wird da wohl immer 2 Lager geben…
Und in vielen Museen hat man mehr Angst davor, dass die schönen Kunstpostkarten + Poster nicht mehr gekauft werden als dass man einen Nutzen darin sieht, dass Amateurfotografen Bilder verbreiten (im Internet oder offline) und damit andere auf die Idee bringen, das Museum zu besuchen.
Oh ja, schreib so einen Blogbeitrag! Ich bin gespannt…
Über Deinen Blogbeitrag habe ich mich auch gefreut :). Die Moderation wird Deine Aufgabe sein ;).
Das mit den Lagern ist ein guter Gedanke. Ich bin da eher 2.0, für mich bedeutet Zusammenarbeit, Unterstützung und Aufklärung viel mehr erreichen zu können, als es sonst der Fall wäre.
Bei einer Theateraufführung ist von allen Mitwirkenden höchste Konzentration gefordert. Ungewollte Ablenkungen müssen deshalb auf ein Minimum reduziert werden. Wenn es nun im Zuschauerbereich immer wieder blitzt und klickt, werden die Darsteller auf der Bühne dadurch in ihrem Spiel abgelenkt.
Wer dies bezweifelt, dem biete ich gerne mal einen kleinen Schauspielworkshop an. Dann wird vielleicht erkennbar, welche Arbeit hinter dem steckt, was aus Zuschauersicht so leicht und natürlich wirken mag.
Daher sind Fotografierer während der Aufführung ebenso beliebt wie vorlaute Kommentare und Zwiegespräche unter Zuschauern.
In der Praxis lässt es sich bei Jugendtheater-Aufführungen kaum vermeiden, dass einige Familienmitglieder dort mit Kameras auflaufen. Allerdings werden diese beim Einlass angehalten, nur ohne Blitz zu fotografieren. Eingeschaltete Handys sind und bleiben jedoch verboten – nicht nur weil es sonst unvermeidlich irgendwo klingelt, sondern auch wegen möglicher Störungen in der Tontechnik.
Beim Straßentheater sieht es deshalb anders aus, weil Störungen dort unvermeidlich und manchmal auch Teil des Konzepts sind. Man wird auch im Straßentheater niemals dieselbe Intensität einer Aufführung erreichen, wie in einem geschlossenen (und abgedunkelten) Raum.
@Norbert: Wie Du ja weißt gehöre ich auch zum 2.0-Lager 😉
@Michael: Ich glaube, wir sind uns einig, dass niemand Blitzgewitter bei Theateraufführungen will, ebenso wenig wie laut quatschende oder mit Chipstüten raschelnde Besucher oder klingelnde Handys.
Aber wer glücklich ist, wenn er ein paar Fotos ohne Blitz machen darf, den würde ich das machen lassen. Erstens habe ich noch nie eine Digitalkamera oder ein i-phone laut klicken gehört (wenn das Geräusch schon stört, dann dürfte sich kein Besucher bewegen) und zweitens sind diese Fotos in der Qualität auch nicht mit professionellen Bühnenfotos zu vergleichen, daher wohl keine Konkurrenz. Nur eine persönliche Erinnerung oder etwas, was man gerne weitergibt (im Blog oder offline).
Und im Museum gilt das Argument des Klickens sowieso nicht, da wird ja auch gesprochen…
Bei Live-Events kann ich es durchaus verstehen, wenn Fotografieren nicht erlaubt ist. Eigentlich gebietet das der Anstand, dass man sich nicht vor einem Solisten oder Schauspieler aufbaut und beginnt Fotos zu schießen.
Aber grundsätzlich würde ich mir von Kultureinrichtungen mehr Flexibilität und Offenheit erwarten. Ich persönlich möchte noch nicht mal selbst fotografieren können. Mir würde es reichen, wenn ich auf der Website Fotos finden würde, die ich z.B. für Blogbeiträge verwenden kann. So sich der Beitrag um das jeweilige Haus dreht. Es geht also nicht um Behübschung…
Als Kunsthistoriker empfinde ich „Fotografieren vor Originalen“ als ein Frevel Schließlich kommt man als Besucher ins Museum, um die Originale in ihrer ganzen Pracht zu sehen. Die Reproduktion habe ich wahrscheinlich auch schon vorher gesehen. Und falls nötig, kaufe ich mir als Erinnerung noch die Postkarte im Museumsshop – soviel Cent muss sein. Zumal heutzutage der meiste Umsatz in den Museen ja nciht durch die Eintrittsgelder gemacht wird, sondern durch die Verkäufe aus den Shops. Als Kunstsponsoring leiste ich mir ein Besuch in einem Museumsshop deshalb gerne und lasse die Kamera in den Ausstellungsräumen eingepackt.
@Tanja Bernsau: ich denke, es geht gar nicht so sehr darum, Originale abzufotografieren. Da kaufe ich mir lieber den Katalog. Mich interessieren die Stimmungen, die Atmosphäre, das ist etwas komplett anderes.
@Tanja Bernsau:
Ich bin ja als Besucher schon im Museum, eben, weil ich mir die Originale ansehen will. Vielleicht hat mich ja ein Freund mit seinen Fotos auf die Idee gebracht, hinzugehen 😉
Wie Christian sagt, wenn ich eine perfekte Reproduktion will, kaufe ich mir einen Katalog, oder ein Kunstposter oder eine Postkarte.
Wenn ich ein persönliches Erinnerungsstück mitnehmen will, mache ich ein Foto. Nicht, weil ich mir damit Geld für die Postkarte spare, sondern weil ich vielleicht die Leute, mit denen ich dort bin, auch auf dem Bild haben oder die Skulptur aus einem speziellen Blickwinkel fotogtrafieren will.
Junge Leute sind mit ihrer Handykamera unterwegs und fotografieren, was sie so machen, wo sie gerade sind und was sie bewegt. Das verschicken sie dann an Freunde – flugs über Twitter, Facebook od. Ähnl. Gehört heute zur Jugendkultur dazu.
Warum sollte ein Museum auf persönliche, bebilderte Empfehlungen aus einer Ausstellung raus – und zwar in in Echtzeit – verzichten?
Die Chance, damit mehr jungen Leute ins Museum zu kriegen schätze ich als immens höher ein als den Verlust des Museumsshops, sollten ein paar Postkarten weniger gekauft werden.
(ich denke aber, ein Handyfoto ist keine Konkurrenz zu einer professionellen Kunstkarte oder einem Poster aus dem Museumsshop, und wer mit seinem Handyfoto als Erinnerung zufrieden ist, hätte im Museumsshop eh nichts gekauft…)
Museen, die irgendeinen Sinn für Marketing haben, sollten das Fotografieren + Versenden der Bilder an Freunde fördern und nicht verbieten!
Das Fotografieren ohne Blitz sehe nicht als eine Konkurrenz zu Postkarten oder Katalogen im Museumsshop.
Es ist ein Teil unseres Dokumentationswahns & Kommunikationsbedürfnisses geworden. Ein Beleg dafür, irgendwo auch dabei gewesen zu sein.
Man rufe sich nur die Trauben von fotografierenden Touristen vor der Mona Lisa ins Gedächtnis. Kameras, Mobiltelefone über den Köpfen. Verwackelte, falsch belichtete, verpixelte Beweisstücke.
Viele werden anschließend im Shop trotzdem ein Plakat oder eine Postkarte der „Gioconda” kaufen – nichts geht eben über das „Original” …
Die Idee des Contemporary Jewish Museum mit der eigenen Flickr-Gruppe ist übrigens fantastisch …
Ich hatte meine Gedanken zum Thema ja bereits bei Norbert im Blog geäußert. In aller Kürze:
Natürlich sollte man sich als Besucher einer Veranstaltung, überhaupt als Gast, respektvoll und möglichst auch nicht als störend verhalten.
Dennoch denke ich, dass die „hohe Kultur“ hier manchmal ziemlich hoch auf ihrem Ross sitzt. Sicherlich können die Akteure verschieden gut oder schlecht mit medialer Aufmerksamkeit oder „störenden Fotografen“ umgehen.
Bei aller Verteidigung der Kunst: denkt auch an die hier schon mehrfach beschrieben Chancen der medialen Verbreitung kultureller Inhalte. Menschlich, viral, authentisch und relevant – da im eigenen Netzwerk.
@Armin:
Mit dem „Dokumentationswahn“ hast Du recht; den Drang, an jedem Ort, den man besucht hat „Beweisfotos“ zu schießen gibt es, seit es für die Allgemeinheit leistbare Fotokameras gibt, verstärkt hat sich das natürlich durch Digitalkameras und Handys, die auch Fotos machen können.
Ich bin halt der Meinung, wenn das niemanden stört, sollen die Leute fotografieren. Wenn sie glücklich sind mit einem verwackelten und unterbelichteten Bild – dann hat das Bild doch schon seinen Zwecke erfüllt… Als persönliches Erinnerungsstück oder um Freunden (offline oder online) zu zeigen, wo man war, reicht so ein Foto, und wie Du sagst, viele werden zusätzlich noch eine gute Postkarte im Shop kaufen…
Wer seinen Urlaub, den Museumsbesuch, was auch immer, intensiver erlebt, wenn er durch seine Kamera blickt, der soll das doch…
Und als Kulturbetrieb sollte man sich freuen, dass Besucher Empfehlungen an Freunde geben, die Einrichtung zu besuchen und die Empfehlung gleich mit einem Bild illustrieren!
@Alexander:
Leute, die sich respektvoll verhalten, schaffen das auch mit einer Kamera in der Hand.
Leuten, die sich nicht respektvoll verhalten, fällt auch ohne Kamera genug ein, wie sie stötren könnten…
Schnappschüsse, die man – wie ein Tourist vor einer Sehenswürdigkeit macht – sind sicherlich außer Konkurrenz zu den Produkten aus den Museumsshop. Interessant finde ich den Aspekt, mit den so gemachten privaten Fotos im Bekanntenkreis, aber im Web „Lust auf Mehr“ zu machen. Bekommt man durch solche Fotos mehr Besucher ins Museum? Ist das ein Weg, (zukünftige) Kunstinteressierte ins Museum zu locken?
Hier sind einige Gedanken zu diesem Thema aus der Museumspraxis in den USA. Mir scheint als gaebe es dort so viele Loesungen wie Museen. http://kulturmanagementusa.blogspot.com/2009/11/fotos-bitte.html