„Pay-what-you-want“- und Gratisangebote: und wie geht`s dann weiter?
Christian Henner-Fehr hat sich in seinem Beitrag vom 16. Mai mit so genannten „Pay-what-you-want-“ und Gratisangeboten im Kulturbereich beschäftigt:
Bei Radiohead durfte man selbst entscheiden, was man für das neue Album zahlen möchte, und Coldplay hat ihre Hitsingle gleich kostenlos zum Download bereitgestellt. (Hier ein Bericht von newsday.com)
Christian hat besonders die Frage interessiert, ob sich daraus auch auch für Kunst, die nicht beliebig vervielfältigt werden kann, Geschäftsmodelle ableiten lassen können.
Mich beschäftigt in diesem Zusammenhang eine andere Frage:
Wenn man Radiohead oder Coldplay heißt, ist die Sache klar: Man bekommt durch solche Aktionen Publicity, spart Marketing-Budget, sammelt Pluspunkte für sein Image…
Was aber, wenn man junger, unbekannter Künstler ist und dieses Modell nutzt – besteht dann nicht eher die Gefahr, dass man in die Schublade „was nix kostet ist nix wert“ gesteckt wird?
Und wie schafft man dann den Sprung in die Welt der Bezahlten?
Ohne Zweifel hat das Internet gerade für junge Künstler (insbesondere Musiker und Buchautoren) interessante Möglichkeiten geschaffen, sich bekannt zu machen:
- Eine MySpace Seite ist schnell angelegt und mit ein bisschen Bemühen bald gut vernetzt.
- Videos kann man bei Youtube einstellen, Fotos (z.B. von Auftritten) bei Flickr.
- In seinem Blog kann man von seinen Vorbildern (musikalisch, literarisch…) über neue Projekte bis hin zu persönlichen Anschauungen alles posten.
- Seine Musik/sein Buch kann man auf seiner Website oder seinem Blog (gratis) zum Download anbieten (als Audiodatei oder pdf).
- Man kann seine Musik Podcastern zur Verbreitung anbieten und oder selbst einen regelmäßigen Podcast herausgeben.
- Für Musiker gibt es mittlerweile auch noch zahlreiche Netlabels.
Ich denke:
- Die eine Sache ist es, Wege zu finden, sich bekannt zu machen.
- Die andere Sache ist es, dem Publikum klar zu machen, dass seine künstlerische Leistung etwas wert ist – obwohl man Gratis-Angebote macht. (Jetzt kommen bestimmt Einwände, dass man „Leistung“ ja nicht mir „Geld“ gleichsetzen kann. Stimmt. Aber in unserer Welt wird das leider oft so wahrgenommen) – welche Argumente bringt man?
- Wie schafft man den Absprung aus dem Gratisarbeits-Dasein? Ab wann und woran wird man Geld verdienen? Bei Musikern: Wird man irgendwann auch an seinen Alben verdienen oder taugen die nur mehr als Marketingwerkzeug für die Live-Auftritte, bei denen dann das Geld reinkommt?
Nachtrag am 26.5.
Gerade bei Christian Henner-Fehr entdeckt:
Noch eine Möglichkeit für junge Talente, auf sich aufmerksam zu machen ist CultureLoad. Dort können Musik, Hörbücher, Filme, Fotos und Texte veröffentlicht werden – den Künstlern steht es frei, ihre Werke auf diesem Portal zu verschenken oder zu verkaufen.
Danke, dass Du dieses Thema aufgreifst. Ja, wie schafft man es, mit der künstlerischen Arbeit Geld zu verdienen?
Vielleicht ist es gar nicht sinnvoll, von Geschäftsmodellen, sondern besser von Prinzipien zu sprechen. Dann wird die Sache unter Umständen auch für Sparten, in denen die Kunstwerke nicht beliebig digital reproduzierbar sind, interessant.
Der Ausgangspunkt ist, denke ich, dass das Publikum mich und meine Kunstwerke kennen lernt. Es geht also um Kommunikation, Werbung, PR, Marketing, egal in welcher Form ich was einsetze. In diesem Stadium heißt die Währung Aufmerksamkeit.
Schauen die Leute, die nun auf mich aufmerksam geworden sind, nur einmal kurz hin und verschwinden dann wieder, war die Sache umsonst. Sie sind weg und mit ihnen die Chance, Geld mit meiner Kunst zu verdienen.
Ich muss die Menschen, die auf mich aufmerksam geworden sind, dazu bringen, bei mir zu bleiben bzw. wieder zurückzukehren. Dazu kann ich auch wieder alle Kanäle und Möglichkeiten nutzen, die mir zur Verfügung stehen bzw. die ich nutzen möchte.
De nächste Schritt besteht darin, Vertrauen zu schaffen, sie näher an mich heranzuholen, sie zu „Vertrauten“ zu machen. Dieser Schritt ist, glaube ich, entscheidend. Aus diesem Naheverhältnis sollte es gelingen, die Menschen dazu zu bringen, für meine Ausstellung, mein Buch, mein Konzert, etc. zu zahlen.
Dieses „näher heranholen“ kann natürlich auch aus mehreren Schritten bestehen. Eventuell sind es 3 oder 4, bis der Geldbeutel geöffnet wird. Aber: je größer die Nähe, desto größer die Bereitschaft dazu.
Diese Schritte lassen sich nicht unbedingt in ein Modell fassen, das Nähe schaffen funktioniert nicht nach dem Checklistenprinzip. Wichtig ist aber, denke ich, dass wir in der jeweiligen Zielsetzung sauber sind.
Ganz am Anfang ist das Ziel, Aufmerksamkeit zu erregen, nicht etwas zu verkaufen.
Mit den nächsten Schritten verfolge ich das Ziel, Vertrauen aufzubauen, Nähe zu schaffen. Auch hier spielt der Verkauf von z.B. Eintrittskarten keine Rolle. Das kommt erst im allerletzten Schritt.
Klar ist, dass das eine sehr langfristige Angelegenheit ist, denn jedem wird es einleuchten, dass ich diese Schritte nicht für jede einzelne Veranstaltung durchlaufen kann.
Hallo Christian,
danke für Deinen ausführlichen Kommentar.
Ich gebe Dir vollkommen recht und Du hast auf den Punkt gebracht, welche Überlegungen und welche Vorgehensweise neben der Beschäftigung mit der Kunst notwendig sind, um langfristig davon leben zu können.
Ein kleines Problem: ich denke auch so, mir leuchtet das ein, aber ich beschäftige mich schon seit geraumer Zeit mit Vermarktungsstrategien, Marketing ist meine Leidenschaft, ich habe ein Gespür dafür und Ideen dazu.
Nicht so die Künstler. Deren Leidenschaft ist die Kunst, die Musik, das Schreiben. Dort haben sie ihre Kreativität und ihre Ideen.
Das drumherum ist ihnen meist lästig, wenn nicht sogar richtig widerlich. Oft sehen sie auch gar nicht die Notwendigkeit, in diese Richtung zu denken, und das Geld, den persönlichen Agenten oder Manager zu beauftragen, der sich um solche Dinge kümmert, fehlt jungen Künstlern sowieso.
Wie ist dem Abhilfe zu schaffen?
Ganz einfach: wir Marketingheinis arbeiten gratis für die jungen Künstler, die dann was verdienen 😉
Gruß, Karin
Karin, aber mal ehrlich: wenn Du Dir andere Bereiche anschaust. Findest Du in der „Wirtschaft“ größere Marketing-Fans?
Wahrscheinlich ist die Zahl derer, die die Notwendigkeit von Marketingaktivitäten anerkennen im Kunst- und Kulturbereich genauso hoch oder niedrig wie anderswo.
Aber Du arbeitest ja auch in anderen Branchen und weißt das besser als ich.
Das Thema Bezahlung ist dann ein eigenes Thema, das wäre eigentlich einen eigenen Beitrag wert. 😉
Ja, das ist so eine Sache…
Ich sehe das so: In der „Wirtschaft“ gibt es auf der einen Seite die ganz großen, die sauviel Kohle in Marketing stecken (aber natürlich hauptsächlich in klassisches Marketing, von so neumodischen Zeugs wie Online-Marketing halten die nicht viel…)
Und dann die Mittelständler und meine Lieblinge, die kleinen Garagenfirmen mit den genialen Produktideen… ja, für die ist strategisches Marketing ein Fremdwort; dort bedeutet Marketing meistens unkoordinierte Werbemaßnahmen, wenn grad Geld übrig ist
Von dem her eine ähnliche Situation wie im Kulturbereich. Was aber im Kulturbereich ausgeprägter ist, ist die verbreitete Ablehnung gegenüber Marketing, finde ich. In anderen Branchen haben sie vielleicht die Notwendigkeit noch nicht erkannt und den Unterschied, den es macht, ob man ein Produkt ordentlich vermarktet oder eben nur so nach dem Zufallsprinzip. Aber im Kulturbereich finden immer noch viele Marketing richtig pfui…
Meinst Du das Thema Bezahlung der Marketing- und Managementheinis im Kulturbereich, also so was wie wir?
So was wie: was können/ wollen Künstler für jemanden springen lassen, der sie organisatorisch unterstützt, Fördergelder ranschafft und/oder sie vermarktet? Wie kommen Kulturmanager an ihre eigene Kohle? Und wie vermarkten sie sich…
wären ja eigentlich fast mehrere Beiträge…hast Du schon mal einen Beitrag in die Richtung gemacht?
[…] Karin Janner hat sich auf ihrem Kulturmarketing Blog mit dem Thema Gratisangebote beschäftigt. In ihrem Beitrag stellt sie die Frage, wie man den Absprung aus dem […]
Spannendes Thema!
Zu mySpace:
Die wenigsten Bands nutzen ihr Profil wirklich professionell.
Die wenigsten Bands versenden z.B. regelmäßige Konzerttermine oder pflegen ihr Profil.
Sponsoring:
Unbekannte Bands haben keine Chance auf ein Bekanntheit steigerndes Sponsorship. Noch unbekannte Newcomer-Bands haben aber auch andere Ansprüche. Viele sind mit ein paar Hundert Euro für ne Merchandise-Produktion zufrieden. Mehr wollen Newcomer oft nicht.
Gesponsert werden die ohnehin bekannten großen Bands, mit denen von Marken ein Imagetransfer aufgebaut werden kann.
EMI will den Weg des Sponsorings in Zukunft verstärkt gehen. Doch wollen das auch die Bands von EMI? Über das von EMI angedachte Tonträger-Sponsoring hatte ich mal einen kurzen ARtikel geschrieben:
http://www.sponsoring-blog.de/2008/01/15/emi-will-musiksponsoring
Viele Bands werden diese Art von Deals in Zukunft wohl eingehen. Das große Geld wird ja schon heute über Tickets und Merchandise gemacht.
Und Bands werden ihre Erlöse in Zukunft noch über weitere Wege reinholen.
Fans werden direkt nach einem Konzert am Ausgang der Halle einen USB-Stick mit Mitschnitt des soeben abgeschlossenen Gig kaufen.
Fans werden auf Konzerten keine CDs mehr erwerben, sondern am Merchandise-Stand per Bluetooth das komplette Album auf den Speicher Ihres Mobiltelefon oder Blackberry geschickt bekommen.
Sicher ist, dass in dem Bereich in Zukunft viel passieren wird…
Hier habe ich mal darüber geschrieben. Aber da gäbe es schon noch einiges dazu zu sagen. Das Thema ist interessant, denn was macht man z.B., wenn noch nichts da ist?
Im Sport ist es so, dass Manager bei einem Anfänger 30-40% der Einnahmen erhalten. Nur funktioniert das in Kunst und Kultur nicht wirklich. Es ist in meinen Augen auch nicht sinnvoll.
@ R.K.S: Ich denke, Geschäftsmodelle für unbekannte Gruppen sind gerade am Entstehen. Ob Sponsoring Teil dieser Modelle ist, weiß ich nicht. Eigentlich haben die Unternehmen ja nichts von einer Gruppe, die keiner kennt,
@RKS:
„Zu mySpace:
Die wenigsten Bands nutzen ihr Profil wirklich professionell.“
Ist mir auch schon aufgefallen. Schade, denn diese Möglichkeit ist ja wirklich finanziell hinzukriegen… ist aber natürlich zeitaufwendig, und ein Musiker will sich ja vor allem um seine Musik kümmern und nicht um sein MySpace Profil. Zudem eine junge Band ja üblicherweise von der Musik nicht leben kann und die Musiker daher auch noch einem Brotjob nachgehen…
Sponsoring:
Danke, dass Du dieses Thema auch einbringst. Interessanter Artikel, da könnte man auch lang diskutieren drüber.
Bin ja gespannt, wie das weitergeht und ob das bald allgemein gängige Praxis wird…
Verfolge nur die Geschichte weiter und bring hin und wieder ein Deinem Blog was drüber, ich verfolge ja Dein Blog weiter!
@Christian:
Zu Deinem Artikel und zur Frage: „denn was macht man, wenn noch nichts da ist?“
Das ist, denke ich, die Schlüsselfrage für junge Künstler, genauso wie für Existenzgründer, Erfinder, Internet-Startups usw:
Das Schwierigkeit an Fördermittel, Sponsoren- oder Investorenrecherche und auch an Marketing ist, dass es erst mal etwas kostet, lang bevor klar ist, ob das Geld jemals wieder reinkommen wird. Die meisten jungen Künstler, Erfinder und Co haben kein Finanzpolster, das sie für diese Ausgaben anzapfen können.
Für die sind wohl die Modelle am interessantesten, bei denen der Kulturmanager in irgend einer Form am Risiko beteiligt ist und bei denen sie auch nicht so viel im Vorhinein bezahlen müssen: Provisionsbasis, Beteiligungsbasis, oder die Rechnung wird erst gestellt, wenn die ersten Gewinne eintrudeln…
Um so etwas zu machen, muss man als Kulturmanager natürlich von dem Projekt sehr überzeugt sein – entweder, dass es sicher Gewinne einfahren wird, oder man verfolgt andere Ziele (z.B. die Welt verbessern ;-)) Tatsache ist, dass man dann sicher auch seine Ideen einbringen möchte.
Die Frage, wie man gerade mit jungen KünstlerInnen zusammen arbeiten kann, ist gar nicht so einfach zu beantworten. Vielleicht lässt sie sich auch gar nicht auf einer allgemeinen Ebene beantworten, sondern muss von Fall zu Fall entschieden werden.
Was mir auffällt: häufig habe ich das Gefühl, KünstlerInnen glauben selbst nicht an sich und ihre Karriere und versuchen, das Risiko abzuwälzen. So nach dem Motto: versuchen wir es halt mal, mich kostet es ja nichts.
Wenn ich dieses Gefühl habe, dann lass ich die Zusammenarbeit bleiben, egal wie der Modus aussieht.
Bei einem Unternehmer würde ich sagen, er muss an sein Geschäft glauben. Ich weiß nicht, ob man das auch im Kunst und Kulturbereich so ausdrücken kann. Aber in die Richtung geht es zumindest.
Hallo habe ein geniales gratis Weihnachtsgeschenk !!
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Und wen Ihr es noch heute macht dann kommt das Geschenk sicher noch bis zum 24.12.2008 an.
Wünsche ein fröhliches Weihnachtfest.
Gruss Hans.
[…] Natürlich hat es eine Band wie Radiohead leichter, über “Pay what you want” Geld einzunehmen als eine unbekannte Band. Hier ist die Gefahr gegeben, dass die CD heruntergeladen wird und kaum jemand bereit ist, dafür zu zahlen. (Dazu eine Diskussion auf dem Kulturmarketing Blog) […]