Serie Social Media in der Praxis: Interview mit Katrin Schröder / Theater Heilbronn

 

Im Rahmen der Serie “Social Media in der Praxis” befrage ich ich Kulturschaffende, Kulturbetriebe und andere Akteure nach ihren Zielen, dem Zeitbudget und den personellen Ressourcen ihrer Social Media Aktivitäten.

Heute im Gespräch: Das Theater Heilbronn

Vielen Dank, liebe Katrin Schröder,  für das ausführliche und aufschlussreiche Interview!

Seit wann nutzt das Theater Heilbronn Social Media?

Wir haben mit unseren Social Media Aktivitäten im Dezember 2010 mit Twitter gestartet. Unseren ersten Tweet haben wir am 22. November 2010 rausgeschickt mit:

„Ab heute gibt’s bei twitter spannende Neuigkeiten aus Ihrem Theater Heilbronn.“

Dann kam unser Facebook Auftritt  Anfang Dezember 2010, gefolgt von youtube (Name schon 2010 gesichert, aber erst seit September 2011 aktiv genutzt) sowie flickr und dem RSS Feed für unsere Homepage. Unseren Theater Blog gibt es seit September 2011. Unser jüngstes Kind ist Google Plus auf dem wir seit dem 13.11.2011 vertreten sind.

Unsere neuen Projekte werden die Präsenz auf vimeo sowie Pinterest sein. Außerdem bieten wir verstärkt  unsere Printprodukte, wie beispielsweise unsere Theaterzeitung, zum Online -Durchblättern an.

Was war Euer Ziel beim Start? Wurde es erreicht?

Ausprobieren, Beobachten und sehen was passiert 😉
Wir wollten probieren, ob man schnell auf Veranstaltungen aufmerksam machen kann oder ob bestimmte Aktionen (z.B. Flashmob unserer Jugendclubs) schnelle Wahrnehmung finden. Dadurch, dass wir schnell positives Feedback erhalten haben, wurden unsere anfänglichen Ziele erreicht und stetig ausgebaut.

Was sind Eure langfristigen Ziele, die Ihr mit Social Media erreichen wollt?

Für uns ist Social Media eine moderne Kommunikationskultur in einem ganz neuen Kommunikationsraum. Wir sehen unsere Social Media Kanäle als eine hervorragende Möglichkeit, mit unseren Besuchern in einen direkten Dialog zu treten, um deren Ansichten, Meinungen und Ideen zu erfahren. Der Austausch ist sehr rege. Nirgendwo sonst erhalten wir so schnell Rückmeldungen zu unseren Inszenierungen oder überhaupt zu unserer Arbeit. Denn im Netz sind es die Leute gewohnt, Meinungen zu äußern und Dinge zu kommentieren. Das geht viel leichter, als beispielsweise Briefe zu schreiben. Wir können in unserer Kommunikation einen viel persönlicheren, herzlicheren Ton anschlagen als beispielsweise in offiziellen Pressemitteilungen. Wir können unsere Inhalte direkt transportieren, ohne auf die Übermittlung von Dritten angewiesen zu sein. Wir schätzen es, dass unsere Besucher an Inhalten direkt partizipieren können – seien es Texte, Fotos oder Videos. In ersten Linie möchten wir unsere „Internet-Fans“ über unsere Theaterarbeit informieren und an das Theater längerfristig binden. Das geht weit über das Ankündigen von Premieren und Vorstellungen hinaus. Wir gewähren Einblicke hinter die Kulissen, berichten über verschiedene Stadien der Probenarbeit, lassen so unsere Fans direkt teilhaben an der Theaterarbeit und „heizen“ so die Spannung und Vorfreude an.

Vor allem  die jungen Leute versuchen wir dort abzuholen, wo sie sich aufhalten – im Internet. Aber auch viele „ältere“ Leute sind längst im World Wide Web zu Hause.

Weitere Vorteile: hohes Ranking bei Suchmaschinen, Vernetzung, Austausch, schnelle Reaktion unserer „Fans“ bei kurzfristigen Marketing-Aktionen

Wie messt Ihr den Erfolg?

Unseren „Erfolg“ messen wir durch die direkten Kommentare und den so entstehenden Dialog mit unseren Besuchern auf unseren Online Plattformen. Außerdem durch die Statistiken der einzelnen Plattformen und tools, wie beispielsweise bit.ly, google analytics, Pluragraph, TweentyFeed etc.

Mitunter ist der Erfolg auch direkt in umgesetzten Karten messbar, wenn wir beispielweise kurzfristig die Nachricht verbreiten, dass Inszenierungen zum letzten Mal zu sehen sind, oder dass es nur noch Restkarten gibt. Durch den direkten Ton und unsere eigene Begeisterung, die wir in den sozialen Medien äußern dürfen – bei Pressemitteilungen hingegen nicht  (hier muss der Ton rein sachlich sein) – überträgt sich unsere Stimmung auf die User, unsere Zuschauer: Die melden uns dann direkt zurück, ob sie unsere Eindrücke teilen. Uns wird  bisher im sozialen Netzwerk sehr viel Sympathie entgegen gebracht.

Wo findet man Euch im Netz und welche Tools nutzt Ihr? (Links)

Wir sind zu finden:

http://www.theater-heilbronn.de/

http://blog.theater-heilbronn.de/

https://twitter.com/#!/theat_heilbronn

https://plus.google.com/118225852497804564024/posts

http://www.flickr.com/photos/theater_heilbronn/sets/

http://www.youtube.com/TheaterHeilbronn

http://www.theater-heilbronn.de/index.php?id=15&type=100

http://vimeo.com/

http://wohnzeit.wordpress.com/

http://exiteuropa.blogspot.com/

http://issuu.com/theaterheilbronn

http://pinterest.com/theat_heilbronn/

Für den Blog nutzen wir noch:

http://www.mister-wong.de/

http://www.shareaholic.com/siteinfo/blog.theater-heilbronn.de

http://technorati.com/account/login/

https://www.delicious.com

 Für das Posten verwenden wir:

–         https://hootsuite.com/

–         https://bitly.com/

Erfolgsgeschichte: Kannst Du eine Aktion / Maßnahme beschreiben, die besonders gut gelungen ist?

–         Als wir unser neues Zentrum für Theaterpädagogik in einem ehemaligen Drogeriemarkt mitten in der Stadt eröffnet haben, suchten wir im Internet nach einem Namen dafür. Nach vielen spannenden Diskussionen und Vorschlägen einigten wir uns auf den Namen  TheaterWerkStatt und luden alle, die mitdiskutiert haben, zur Eröffnung ein. Das war eine spannende Aktion.

–         Damit uns unsere Zuschauer uns auch in der langen Sommerpause nicht vergessen, haben wir die Aktion „Das Vorschaubuch auf Reisen“ gestartet und im Internet aufgerufen, Fotos von unserem Vorschaubuch im unverwechselbaren Design an allen möglichen Orten auf der Welt zu machen. Die Resonanz war toll und wir haben Fotos aus aller Welt bekommen. Natürlich gab es eine Kartenverlosung unter den Teilnehmern und wir haben die Fotos im Internet veröffentlicht.

–         Tanz! Heilbronn mit dem Projekt urban spaces

–         Außergewöhnliche Inszenierungen begleiten wir mit speziellen Blogs, wie z.B. „Wohnzeit“ oder „Exit Europa“, um weiterführende Informationen zu liefern und Lust auf diese Projekte jenseits des Mainstream zu machen. Die brauchen eine andere Werbung als Stücke mit bekannten Titeln.

–         Besonders gern gelesen wird der „Blick hinter die Kulissen“

–         Viele Reaktionen erhalten wir auf unsere Fragen  zu unseren Inszenierungen

–         Wir bekommen ein gutes Feedback zur bunten Mischung an Beiträgen, ob in Wort, Bild oder Video.

Ist auch schon mal etwas schief gegangen – und wie habt Ihr reagiert?

–         Toi Toi Toi … bisher ist nocht nichts schief gegangen. Aber wir würden sehr wahrscheinlich probieren, mit einer schwierigen Situation „offensiv “ umzugehen, den „Humor nicht zu verlieren“ und zügig zu reagieren.

Wieviel Zeit investiert Ihr in Social Media (Durchschnitt pro Woche)

Social Media ist fest in den Alltag integriert, neben dem Herstellen von Printprodukten habe ich eigentlich immer hootsuite oder die jeweilige Plattform geöffnet, um gegebenenfalls zu kommentieren und  zu posten. Die Stundenanzahl lässt sich daher nicht genau festhalten. Es gibt jedenfalls kein Wochenende und keinen Feiertag. Nach einer Premiere am Samstag beispielsweise erwarten unsere User einen kleinen Stimmungsbericht am Sonntag und viele äußern sich dann auch schon dazu. Damit sind wir sogar den Zeitungen voraus, die erst am Montag schreiben, wie die Premiere war.

Wofür geht dabei die meiste Zeit drauf?

Zu Anfang habe ich viel Zeit für den Aufbau und die Einrichtung der Plattformen benötigt, da dies alles intern in einer 2- Personen- Marketing/Presseabteilung aufgebaut wurde. Ich habe viel recherchiert, welche Plattformen für uns geeignet sind und wie diese funktionieren. Hier ist es aber wirklich schwer den Zeitaufwand in Stunden festzuhalten. Auch heute noch ist Social Media eine ständige Beschäftigung. Ich schau auch am Wochenende auf die Plattformen, kommentiere, poste, vernetze und schaue, was es an Neuerungen im Social Media Bereich gibt. Zeitaufwendig ist es ebenfalls für meine Kollegen, neue  spannende Beiträge zu finden, zu schreiben und  die Plattformen mit Foto oder Video zu füttern. Insgesamt kann man sagen, dass die Einbeziehung der Neuen Medien in unsere Öffentlichkeitsarbeit den Arbeitsumfang in unserer Abteilung erheblich erhöht hat. Aber da wir den Erfolg viel direkter spüren, als  bei allem anderen, ist das in Ordnung.

Wie organisiert Ihr das personell – wer plant im Theater Heilbronn die Social Media Maßnahmen und führt sie durch?

Wir (meine Kollegin Silke Zschäckel und ich) sprechen uns regelmäßig mit den Dramaturgen und der Theaterpädagogogik ab, um zu erfahren was Spannendes in ihren Bereichen passiert. Dann  fragen wir regelmäßig die Mitarbeiter in den anderen Abteilungen (Malersaal, Dekoabteilung, Schreinerei, Schlosserei, Schneiderei etc.), womit sie beschäftigt sind. Im Anschluss schauen wir, wer es schafft, zu welchen Themen etwas zu schreiben, zu fotografieren oder zu filmen. Wir schicken auch sehr gerne PraktikantenInnen durch die Abteilungen, damit sie aus ihrer theaterfremden Sicht berichten. Die entdecken immer wieder Dinge, die für uns alte Theaterhasen längst selbstverständlich sind, die die Leute draußen aber immer wieder zum Staunen bringen. Dieser „fremde“ Blick lässt auch uns aufmerksam sein für die Sachen, die andere am Theater interessieren. Unser Ziel ist, den Leuten so einen exklusiven Blick durchs Schlüsselloch zu erlauben, den man, wenn nur hat, wenn man unseren Seiten im  Social Web unterwegs ist.

 Kurzes Statement: Wie beurteilst Du die Chancen und Risiken von Social Media in der Kommunikation von Theatern?

–         Ich sehe in dem Bereich Social Media große Chancen. Die Generation, die jetzt heranwächst, verwendet Social Media als etwas Selbstverständliches in ihrer Kommunikation sowie Informationsbeschaffung. Zukünftig können Informationen noch viel spezifischer und direkter an den Besucher gerichtet werden. Irgendwann wird es womöglich nicht mehr facebook sein, welches als Sociales Netzwerk genutzt wird, aber diesen  schnellen, direkten und partizipativen  Kommunikationsstrukturen  gehört die Zukunft.

–         Wir als Theater sind unabhängiger von den traditionellen Medien, die unsere Nachrichten „gefiltert“ verbreiten. Wir erreichen unsere Zielgruppen direkt mit unseren Informationen.

–         Risiken sind für ein Theater wahrscheinlich weitaus kleiner als der Nutzen. Dennoch unterschätzen wir sie nicht und beobachten, so weit es uns möglich ist, laufend, ob Missbrauch auf unseren Seiten stattfindet. Ansonsten lautet unsere Devise, auf Kritik offen,  ehrlich und schnell zu reagieren. Auch hier sehen wir in der Möglichkeit, direkt mit den Usern ins Gespräch zu kommen, eine große Chance.

–         Wir hoffen, dass unseren Usern bewusst ist, dass sie sich mit ihren Einträgen in der Öffentlichkeit bewegen und dass sie sich darüber im Klaren sind, was sie selbst veröffentlichen möchten.

Über das Theater und meine Interviewpartnerin

Das Theater Heilbronn zählt mit seinen drei Bühnen und insgesamt 1140 Zuschauerplätzen zu den größten kulturellen Anziehungspunkten der Region Heilbronn- Franken. Präsentiert wird das gesamte Spektrum des Theaters. Zu sehen sind Schauspiel und Musical mit eigenem Ensemble, dazu Gastspiele in Oper, Operette und Tanz.

Katrin Schröder studierte Kulturwirtschaft und Betriebswirtschaft an der Universität Passau. Während des Studiums absolvierte sie verschiedene Auslandsaufenthalte und Praktika. Von 2006 bis 2009 übernahm sie die Leitung des Organisationsbüros sowie den Marketingbereich des Theaterschiffs Bremen und seinen drei angegliederten Theatern. Zudem arbeitete sie im Projektmanagement für verschiedene Kulturveranstaltungen. Seit 2010 ist Katrin Schröder mit dem Schwerpunkt Marketing in der Öffentlichkeitsarbeit des Theater Heilbronn tätig. Katrin betreut nicht nur den Blog technisch, sondern sie ist auch für die  Homepage, für den Auftritt des Theaters im Social Media Bereich und für die Gestaltung aller Werbematerialien verantwortlich – von den riesigen Fotoplakaten am Bühnenturm über unsere Theaterzeitung und Leporello bis zu den kleinen Flyern mit den Stückinformationen.