Serie Web 2.0 im Kulturmarketing: Social Network als Freundeskreis eines Kulturangebotes?

Der Freundeskreis des Museum, der Förderverein des Theaters – lassen sich die in Zukunft als „Social Network“ führen?
Wäre es für die Freunde und Förderer ein Mehrwert, wenn sie im Internet in einer „Online-Community“ verbunden wären?
Wollen sie untereinander Kontakte knüpfen und im Internet Themen gemeinsamen Interesses diskutieren?
Oder reicht es ihnen, wenn sie sich bei der Jahreshauptversammlung oder ähnlichen Ereignissen persönlich begegnen?

In den USA haben Freundeskreise von Kultureinrichtungen eine lange Tradition und hohe Bedeutung.
Die finanziellen Zuwendungen des Staates sind im Vergleich zu Deutschland sehr gering, die Einrichtungen sind auf die Unterstützung ihrer Mitglieder angewiesen.
Um die „Members“ bei Laune zu halten, lässt man sich drum auch alles Mögliche einfallen: Events, gemeinsame Abendessen, Blick hinter die Kulissen… Man versucht eine Clubatmosphäre zu vermitteln – ein Club, zu dem man gehören muss.
Je höher die durchschnittlichen Beiträge des Mitglieds, desto mehr wird es einbezogen. Mitglieder werden auch persönlich gefragt, ob sie zusätzlich spezielle Sponsorships übernehmen wollen.

Diese Clubs scheinen das Web 2.0 noch nicht entdeckt zu haben, ebenso wenig wie die Freundeskreise und Fördervereine der hiesigen Kultureinrichtungen.

Eine Internet-Community als Ergänzung für den Freundeskreis –
wäre das nicht eine gute Möglichkeit,

  • mit den Mitgliedern regelmäßig in Kontakt zu treten
  • die Vernetzung unter den Mitgliedern zu fördern
    (je besser vernetzt der Freundeskreis, umso wahrscheinlicher ist es, dass die Mitglieder ihre Mitgliedschaft lange aufrecht erhalten)
  • bei den Mitgliedern das Zugehörigkeitsgefühl zu stärken
  • über Themen gemeinsamen Interesses zu diskutieren – auch außerhalb der realen Treffen
  • aktuelle Informationen in den Freundeskreis einzubringen (bevor man sie z.B. auf der Website der Allgemeinheit zugänglich macht), aktuelle Ereignisse zu diskutieren
  • den Mitgliedern Teilhabe zu ermöglichen bzw. zu vereinfachen
  • die Mitglieder zu Aktivität anzuspornen
  • Fundraising: spontane Anfragen an die Community zu verschicken, z.B. wenn der Kauf eines bestimmten Kunstwerkes ansteht
  • die Mitglieder besser kennen zu lernen
  • neue Mitglieder zu gewinnen…?

Natürlich wollen manche Mitglieder lieber im Hintergrund bleiben oder haben kein Interesse an einer aktiven Internet-Teilhabe, andere spornt es an, dass ihre Aktivität sichtbar ist.

„Internet-Community“ bedeutet übrigens nicht zwangsläufig, dass die Profile und Diskussionen öffentlich und für jedermann aus dem Internet zugänglich sein müssen. Eine Community kann auch ganz exklusiv nur für Mitglieder sein, mit Anmeldung mit Hilfe eines Codes, den die Einrichtung personenbezogen vergibt.

Zur Zeit sind natürlich viele Freundeskreise mit Mitgliedern einer älteren Generation besetzt, die können mit Web 2.0 vielleicht nicht so viel anfangen.
Aber die jungen, die nachwachsen? Die sind mit MySpace und Co aufgewachsen, haben ihre Communities auf Ning oder Mixxt und finden es wahrscheinlich seltsam, in einen Verein einzutreten, bei dem sich alles offline abspielt und bei dem sie die anderen Mitglieder gar nicht kennen…

Was gibt es für Möglichkeiten, eine Internet-Community aufzubauen?

  1. Man lässt alles neu programmieren.
    Der Vorteil: Man bekommt genau, was man will (Funktionen, Design…)
    Der Nachteil: sehr teuer
  2. Man bastelt sie sich selbst mit Hilfe eines „Community-im-Baukasten-Anbieters“ wie Ning, mixxt, tribax, meinverein.de… (Robert Basic hat im Dezember 07 einige Anbieter verglichen und Ute Keller im März 08)
    Bei den meisten kann man sich per Drag and Drop die Funktionen, die man braucht, auf die Seite ziehen
    Der Vorteil: kostet nichts
    Der Nachteil: Man bekommt nur bestimmte Funktionen, das Design lässt sich nur begrenzt anpassen
  3. Man sucht sich einen „Community-im-Baukasten-Anbieter“, der auch Erweiterungen vornimmt, wie z.B. mixxt
    Ist wahrscheinlich die beste Lösung; zum Ausprobieren kann man es ja einmal mit Version 2 versuchen.

Die Technik steht – und dann?

Dann, ja, dann geht`s erst richtig los mit der Arbeit.
Die erste Hürde ist, die Mitglieder des Freundeskreises dazu zu bringen, dass sie sich registrieren und ein Profil anlegen.
Und dann gilt es, sie zur Aktivität zu animieren – „tote“ Communities gibt es mittlerweile mehr als genug im Netz (nachdem es ja so einfach geworden ist, eine anzulegen). Diese Arbeit ist nicht zu unterschätzen und kann auch nicht innerhalb einer halben Marketingstelle so nebenher erledigt werden… besonders in der Zeit des Aufbaus.

Wie man Communities aufbaut und richtig managt beschreiben Frank Mühlenbeck und Klemens Skibicki ausführlich in ihrem Buch Community Marketing Management.
Natürlich gab es auch auf Blogs schon etliche Diskussionen über die Themen Communityaufbau.
Gute Tipps dazu gibt es z.B. von Bruce Livingstone im crowdsourcing-blog: Teil 1 und Teil 2, sehr ausführlich hat Sheryl Nussbaum-Beach dieses Thema behandelt, und auf Deutsch Christian Henner-Fehr: „Wie baue ich eine Community auf“.
Über den Aufbau eines Forums und mögliche Gründe, warum dort „tote Hose“ sein kann hat auch Christian Henner-Fehr vor kurzem einen interessanten Eintrag geschrieben.

Praktische Beispiele

Praktische Beispiele kann ich leider noch nicht viele geben.
Das Thema ist noch zu neu. Die großen Einrichtungen haben entweder noch nie etwas von Online-Communities gehört, halten es nicht für das richtige Instrument, können oder wollen keine Zeit in diese Richtung investieren oder trauen sich einfach noch nicht ran.
Online-Communities von freien Theatergruppen oder Fördervereinen kleiner Museen sind schon vereinzelt zu finden.

Mehr genutzt wird diese Möglichkeit im Sport, wo das Vereinsleben schon immer eine große Rolle gespielt hat.
Zur Illustration, wie so eine Community aussehen könnte, daher erstmal ein Beispiel aus dem Sport:

Verein SC Borgfeld e.V.

Und hier ein paar zarte Versuche aus dem Kulturbereich;
Man kann nicht behaupten, dass auf diesen Seiten das Community-Leben tobt, aber es sind erste Ansätze…

Geschlossene Communities (und daher kann ich auch nicht feststellen, wie rege dort der Austausch ist und welche Themen dort besprochen werden) haben z.B.

Eine andere Möglichkeit zum Austausch mit Besuchern und Fans: Gruppen bei Facebook oder MySpace

Bei Kulturangeboten eher durchgesetzt als Online-Communities anzulegen hat es sich, Gruppen auf Facebook- oder MySpace zu gründen.
Diese Gruppen sind aber üblicherweise nicht mit einer Offline-Mitgliedschaft gekoppelt, haben keinen „Exklusiv-Club-Charakter“ und dienen ähnlich wie ein Blog zum offenen Austausch Einrichtung/ Besucher.
Meistens gibt es aktuelle Nachrichten, Fotos, Videos, eine Pinwand und ein Diskussionsforum; ich habe aber kein Diskussionsforum gefunden, das stark benutzt wurde, die Themen sind meist auch eher oberflächlich.
Vorteil gegenüber einer Online-Community: Die Benutzer müssen nicht eigens ein Profil anlegen, sondern können einfach mit ihrem Facebook- oder MySpace-Profil der Gruppe beitreten
Nachteil: Die Benutzer müssen bei Facebook bzw. MySpace registriert sein.

Fazit

Eine interessante Sache, die noch viele ungenutzte Möglichkeiten birgt!
Im Moment werden eher Blogs, Podcasts und Twitter benutzt, um den Kontakt mit den Besuchern/ Fans zu pflegen.
Diese Tools eignen sich zwar wunderbar für die offene Kommunikation und um die Einrichtung bekannt zu machen, nicht aber, um einen Club, Freundeskreis, Mitgliederzirkel… (wie immer man das nennen mag) aufzubauen oder zu unterstützen.
Die Frage ist natürlich auch, ob die Mitglieder schon so weit sind bzw. ob sie überhaupt Interesse an so einer Art des Kontaktes mit ihren Kultureinrichtungen haben.
Erste Ansätze in Richtung Online-Communities gibt es jedenfalls bereits, man kann mal gespannt beobachten, wie sich das weiterentwickeln wird…

Literaturempfehlungen zum Thema Online-Communities:

Frank Mühlenbeck, Klemens Skibicki: Community Marketing Management. Wie man Online-Communities im Internet-Zeitalter des Web 2.0 zum Erfolg führt.
2007 erschienen, ganz frisch ist gerade die 2., überarbeitete Auflage herausgekommen.