Serie Web 2.0 im Kulturmarketing: Wann entdecken Theater das Web 2.0?

Wenn man viel im Internet unterwegs ist, sich mit Web 2.0 beschäftigt, Theater mag und Kulturmarketing betreibt, meint man: Klar – Blogs, Podcasts und andere Web 2.0-Anwendungen müssten doch in die Theaterwelt längst Einzug gehalten haben. Ein Blog oder ein Podcast wäre doch ein ideales Medium für ein Theater, um

  • auf sich aufmerksam zu machen/ sich bekannt zu machen
  • zu zeigen, was es kann (z.B. kurze Videoausschnitte)
  • seine Besucher näher kennen zu lernen und Feedback zu bekommen,
  • den Freundeskreis auf dem Laufenden zu halten,
  • Hintergrundberichte, Interviews, Zukunftspläne, etc. zu bringen,
  • Stellungnahmen abzugeben
  • Kontakte zu Sponsoren zu knüpfen…

Und mit Hilfe von Social Software könnte man einen Mehrwert für den Freundeskreis schaffen – Warum nutzen Theater diese Möglichkeiten so überhaupt nicht?? Wo sind sie, die Theaterblogs, Theaterpodcasts, Social Networks rund um Theater…? Bei großen, renommierten Theatern kann man vielleicht noch damit argumentieren, dass hier die Mühlen langsam mahlen, die Verantwortlichen nicht in dem Alter sind, in dem man sich gerne mit Web 2.o auseinandersetzt, man seit Jahren Marketing auf eine andere Art betreibt… Aber was ist mit den kleinen Theatern, den freien Theatergruppen? Geht es denen allen so gut, dass sie es nicht nötig haben, sich um ihr Publikum zu bemühen? – das wäre mir neu… Wollen die vielleicht gar nicht so einen engen Kontakt zu ihrem Publikum? Haben sie Angst, zu viel von sich preiszugeben? Ist das Internet einfach nicht ihr Ding? Oder wissen sie nur nicht, wie anfangen, weil es noch nicht viele Best-Practice-Beispiele gibt? Klar ist es auch eine Personal- und Zeitfrage… Viel Arbeit macht es ja schon. Was mich wundert ist, dass man auch in Amerika und England nicht wirklich fündig wird, wenn man bloggende Theater sucht. Es gibt wohl Blogs über Theater, oder Blogs von übergeordneten Organisationen, Theaterportale, aber Theater, die selbst bloggen? Gibt`s so gut wie nicht. (Ich lasse mich aber gerne etwas Besseren belehren… – vielleicht finde ich nur einfach nichts, oder Theater tummeln sich in virtuellen Räumen, die ich noch nicht kenne…). Bei Museen hat sich bloggen, podcasten, ja sogar twittern und das Nutzen von Social Networks (MySpace, Facebook…) im englischsprachigen Raum schon etabliert und hier bei uns gibt es auch schon einige engagierte Versuche. (siehe dazu auch mein letzter Beitrag) Warum sind Museen in diese Richtung so viel experimentierfreudiger als Theater? Ein paar Links habe ich aber doch noch: Blogs und Podcasts von Theatern/ freien Theatergruppen:

  • Antigone 2.0. Freie Theatergruppe aus Berlin, die auch bei ihren Inszenierungen einen interaktiven Ansatz verfolgt. Es gibt eine Internetseite mit Kommentarfunktion, ein Blog, Videos bei Youtube und sogar einen Online-Shop mit Merchandising-Artikeln.
  • AuGusTheater Neu Ulm: Blog Provinzticker. Seit Dezember 2006 gibt es hier jeden Monat zwischen 1 und 10 Beiträgen.
  • anundpfirsich, Improvisations-Theater aus Zürich: Podcast (allerdings war hier der letzte Beitrag im Februar 2007)
  • Thalia Theater, Hamburg: Projektbezogener Podcast (4 Folgen im Januar/ Februar 2008) Über kostenlose Workshops konnten Studenten einen Einblick in die verschiedenen Arbeitsbereiche des Theaters bekommen. Im Podcast dazu gibt es Hintergrundinformationen, Vorschauen und Interviews mit allen Beteiligten.
  • Das Vollplaybacktheater, freie Theatergruppe aus Wuppertal: regelmäßiger Videopodcast (Blick hinter die Kulissen, Proben, Interviews, Tourneen…)
  • Praxis Theatre, eine freie Theatergruppe aus Toronto, bloggt regelmäßig seit Oktober 2006.

Videoportal-Nutzung von Theatern/ freien Theatergruppen

Theaterportale

  • Theatre in Chicago. Dieses Portal „spielt alle Stücke“ – Spielpläne, aktuelle Theaternachrichten und -tipps, Tickets, Vorschau, Videos,… und ein wöchentlicher Podcast mit Interviews.
  • Theatre Bay Area: Hier gibt es Spielpläne, Tickets, ein Magazin (Beiträge aus dem Archiv kann man kostenlos im Internet lesen)
  • Das deutsche Gegenstück dazu: Theaterportal – ein nettes Infoportal, aber von Web 2.0 keine Spur.

Blogs und Podcasts über Theater

Auf Theaterblogs.de, einem Spezial-Bloganbieter/ Bloggercommunity für Theaterblogs, bloggen mittlerweile 322 Theaterblogger – Schauspieler, Tänzer, Studenten, Theaterinteressierte (und natürlich immer auch die zugehörigen Innen…), über alle möglichen Themen rund um Theater (Auf der Bühne stehen, Jobs, Improvisation, Gesang, undundund…), aber Theater konnte ich auch hier – bis auf das schon erwähnte AuGuTheater Neu Ulm mit seinem Blog Provinzticker – keines entdecken. Dafür aber ein Theater 2.0 Blog, das Renate Panke vom Theaterblogs-Team im Oktober 2007 aufgesetzt hat. Dort habe ich auch entdeckt, dass am 8. Mai im Nationaltheater Mannheim eine Diskussion zum Thema „Theater 2.0 – Strategische Herausforderungen für das Theater im 21. Jahrhundert“ stattgefunden hat. Vielleicht tut sich ja bald was… Blogbeiträge und -diskussionen, bei denen sich Kulturmanager und Theaterschaffende über Web 2.0 im Theatermarketing austauschen. Viele sind hier auch nicht zu finden (aber auch der Internet-Austausch unter Kulturmanagern ist ja noch ausbaufähig, wie z.B. in diesem Beitrag festgestellt und diskutiert wurde…)

Nachtrag am 13.6.

Das AugusTheater Neu Ulm schmeißt sich gehörig ins Zeug, alle Achtung!
Zu Blog, Videokanal und MySpace-Seite ist jetzt ganz frisch noch ein Videopodcast dazu gekommen (10.6.) – allerdings über die MySpace Seite, was den Nachteil hat, dass man Mitglied bei MySpace sein muss und sich auch extra bei MySpace einloggen muss, um kommentieren zu können. „Vielleicht ergibt sich ja auch irgendwann die Chance, zum „Blog“ hier auf den Seiten auch die Rubrik „Podcast“ zu installieren“, meint Luise Häberle dazu im Blog des AugusTheaters.
Vielen Dank, Luise, für die vielen interessanten Kommentare, und weiterhin viel Glück und Spaß bei Euren Vorhaben!

Und nun noch „zum Drüberstreuen“ zwei Videos des AugusTheaters:

1. Der Trailer zum neuen Videopodcast- Achtung, die Musik kriegt man nicht mehr aus dem Ohr 😉

2. Luise Häberle: Horst Schlemmers schwäbische Schwippschwester Teil 1 (Teil 2 und 3 gibt es auf dem Videokanal)