Serie Web 2.0 im Kulturmarketing: Twitter für Kulturangebote?

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Twitter – für Kulturangebote zu gebrauchen oder nur ein Spielzeug der Web 2.0-Szene?

Was ist Twitter?
Twitter ist ein Micro-Blogging-Service zum Austausch von Kurznachrichten -über das Internet oder das Handy (via SMS).

twitter, what are you doing

What are you doing? fragt Twitter, und 140 Zeichen hat man, um das zu beschreiben.

140 Zeichen sind nicht viel Platz.
Bei Twitter-Nachrichten muss man sich also auf das Wesentliche beschränken (es gibt aber natürlich auch kurze, aber trotzdem überflüssige Meldungen, die auf diese Weise in die Welt hinausposaunt werden…)
Lesen können diese Texte (oder eher Textschnipsel) die Leute, die den betreffenden Nutzer „abonniert“ haben, bei Twitter „Followers“ genannt.

Wenn mich also interessiert, was Herr X den ganzen Tag so macht, worüber er sich Gedanken macht, über welche Links er stolpert… erfahre ich das, wenn ich sein „Follower“ werde (sofern er es twittert).
Meine Follower bekommen mit, was mich beschäftigt oder was mir so Interessantes über den Weg läuft.

Was kann man auf Twitter veröffentlichen?
Alles, was man mit 140 Zeichen sagen kann.
Das können z.B. Statusmeldungen sein, oder Gedanken, die zu kurz für einen Blogeintrag sind, oder Links (sind die Links zu lang, kann man sie mit Hilfe des Dienstes tinyurl.com kürzer machen). Oder Fragen, die mit einem kurzen Statement oder einem Link beantwortet werden können.

Was ist der Nutzen von Twitter?
Über den Nutzen von Twitter scheiden sich die Geister.
Die einen sehen es als mächtiges Kommunikationsinstrument, die anderen als größten Blödsinn aller Zeiten.

Argumente der Twitter-Gegner

  • Austausch von Belanglosigkeiten
  • „Seelenstriptease“
  • Zeitfresser
  • Infostress
  • langweilig
  • „Durch die Beschränkung auf 140 Zeichen verlernt man zu kommunizieren.“

Twitter-Gegner über Twitter:
„Vor ein paar Wochen fand ich Twitter noch total spannend und interessant, aber seit der re:publica habe ich auf den Infostress einfach keinen Bock mehr. Wenn ich online am Rechner sitze, wachen derzeit drei Programme über meine Kommunikation: E-Mail, IM-Client und Skype. Ein viertes Kommunikationsprogramm, wo alle paar Sekunden irgendein Schrott durchgepostet wird? Nicht mit mir…“ , Gerrit van Aaaken, Kommentar auf dem Handelsblatt Blog.

„Es nervt, dass alle Welt meint, immer und überall erreichbar, verfügbar und ansprechbar zu sein. Und diese eigene Erwartungshaltung dann auf andere projeziert und wehe, es wird auf eine Anfrage nicht binnen Sekunden reagiert…Was bitte ist das denn für ein Leben?“ Falk Merten, Kommentar auf Fixmbr

Was schätzen die Anwender an Twitter?

  • Schneller und unkomplizierter Austausch mit Gleichgesinnten – von überall, und jederzeit. Man ist also stets auf dem neuesten Stand, was so läuft im Freundeskreis oder in Themengebieten, die einen fachlich interessieren.
  • Dass man mit Hilfe seiner Twittergemeinde meist schnellere und bessere Antworten auf spezielle Fragen bekommt als durch googeln.
  • Dass man schnell und einfach auf lesens-, sehens- und hörenswerte Inhalte hinweisen kann.
  • Dass man sich durch kompetente Tipps einen Namen machen kann (mit erheblich weniger Aufwand als beim Bloggen).
  • Wenn man ein Blog hat: Dass man mit relativ wenig Aufwand Leser für sein Blog gewinnen kann.
  • Dass man sich durch Twitter-Meldungen regelmäßig in Erinnerung rufen kann – im Freundeskreis oder im Kreise gleichgesinnter „Fachtwitterer“.

Auf den Punkt gebracht: einfach, schnell, effektiv, vergleichsweise wenig Aufwand.

Twitter-Freunde über Twitter:
„Inzwischen ist es bei mir so, dass ich die besten Linktipps nicht mehr aus den Blogs bekomme, die ich verfolge, sondern aus Nachrichten (”Tweets”) bei Twitter. Erst später entdecke ich vielleicht einen Blog-Artikel dazu. Ein paar Tage später finden wir es dann bei Spiegel Online und ein paar Wochen später schütteln wir alle den Kopf darüber, was die Süddeutsche wieder für einen unglaublichen Quark dazu verzapft,“schreibt das Upload-Magazin in seinem „Twitter-Kompendium„, und weiter:
„Twitter ist simpel und sein Erfolg erstaunlich. Du kannst 140 Zeichen per Twitter veröffentlichen – praktisch überall und jederzeit. Und Du kannst die 140-Zeichen-Texte anderer lesen – praktisch überall und jederzeit. Was Twitter für Dich ist, hängt ganz davon ab, wie Du es benutzt“.

Ähnlich sieht das Markus Trapp: „Wenn man nicht die richtigen Interessenten in seinem Twitternetzwerk hat, wird man wenig Nutzen darin finden. Und dann erscheint einem Twitter als Zeitverschwendung. Erweist es sich schließlich als nützlich (und macht zudem noch Spaß), möchte man seinen Twitterkreis nicht mehr missen und gewinnt sogar noch Zeit damit, bzw. nutzt diese noch effektiver und erfährt interessante Informationen aus dem Netz sehr früh und unmittelbar.

„Die einen Chatten über Twitter (sehr unangenehm), andere sehen Twitter als mini RSS Feed für ihren Blog und nochmal andere schreiben 136mal mal am Tag, was sie gerade tun. Deshalb wird Twitter schon von einigen Bloggern als der ultimative Produktivitäts-Overkill angesehen (im amüsierten, aber negativem Sinne). Aber Twitter kann auch anders“… Oliver Überholz hat 17 sinnvolle Anwendungsideen für Twitter gefunden.

Die ersten Schritte mit Twitter
Die ersten Schritte mit Twitter sind auf dem Blog „Twitterdings“ sehr schön beschrieben, „das Twitter-Kompendium“ im Upload-Magazin gibt eine gute Einführung und erklärt, was man mit Twitter machen kann, 30 Tipps zum erfolgreichen twittern gibt Klaus Eck (Pr-Blogger).

Blogeinträge automatisch twittern
Will man, dass seine Blogeinträge automatisch getwittert werden, kann man den Service „Twitterfeed“ nutzen.

Twitternde Museen?
Was kann das Twittern für Kulturangebote bringen?

So, nun haben wir uns mit Twitter`s Pros und Contas beschäftigt.
Doch was um Himmels Willen sollen Kulturangebote damit anfangen?

Diese Frage hat sich Nina Simon/ Museum 2.0 auch schon gestellt:
What is Twitter, really? And can it do anything for museums?

Ich sehe hier folgenden Nutzen für Kulturangebote:

  • Kann helfen, den Kontakt zu einer jungen Zielgruppe aufzubauen und zu halten, man „holt die Leute dort ab, wo sie sind“. (Einige Kultureinrichtungen haben aus dem selben Grund auch MySpace- und Facebook-Accounts.)
  • Kann beim Aufbau eines Netzwerkes oder Freundeskreises helfen.
  • Austausch mit den Besuchern.
  • Schnelles und unkompliziertes Informieren über Programme, Ausstellungen, Blogeinträge oder Neuigkeiten. (Besonderer Vorteil: Geschwindigkeit; daher könnte es z.B. auch genutzt werden, um Restkarten anzubieten)
  • Ein Baustein zur Steigerung des Bekanntheitsgrades (eine von vielen Online-Marketing-Maßnahmen).
  • Ein Baustein zum Imageaufbau als Kultureinrichtung, die mit ihren jungen Besuchern auf einer Welle liegt.
  • Kann helfen, den Besuchern die Menschen hinter den Kulissen näher zu bringen (Statements, Linktipps,…)
  • Kommunikation der Mitarbeiter untereinander, Projektkommunikation.

Die meisten Kultureinrichtungen nutzen Twitter, um auf Ausstellungen, Blogeinträge oder Neuigkeiten aufmerksam zu machen oder um Links, die zum Thema der Einrichtung passen, zu verschicken. Manche bringen auch hin und wieder persönliche Statements.

Beispiele:
Brooklyn Museum, New York
http://twitter.com/brooklynmuseum

twitter screensot brooklynmuseum

Das Varsity Theater, Minneapolis, ist ganz frisch unter die Twitterer gegangen:
http://twitter.com/VarsityTheater

twitter varsity theater screenshot

Es gibt aber auch Kultureinrichtungen, die mit Twitter experimentieren und versuchen, neue Anwendungsmöglichkeiten zu finden.
Nicht immer geht dabei alles glatt, hier ein Bericht des Brooklyn Museum/ New York über so ein Twitter-Experiment (Oktober 2007).

Fazit
Twittern macht bestimmt nicht für alle Kultureinrichtungen Sinn. Und einen Twitter-Account einzurichten wäre bestimmt nicht die erste Maßnahme, die ich im Social-Media-Marketing vorschlagen würde. Aber wenn eine Einrichtung bereits bloggt und/oder podcastet – warum nicht Twitter als Ergänzung? Man kann ja erstmal nur den Service „Twitterfeed“ nutzen, um seine Blogeinträge automatisch bei Twitter bekannt zu machen, und sich dann langsam weiter tasten.

Aus einem Kommentar von Christoph F. Mathiak habe ich geschlossen, dass es zu Missverständnissen kommen könnte, wenn ich Einzelmaßnahmen beschreibe, ohne den Hinweis zu geben, dass diese in ein Gesamtkonzept integriert sein müssen.
Daher hier noch ein Absatz, den ich nun in alle Posts einbinden werde, bei denen ich Einzelmaßnahmen beschreibe:

Wie alle Marketingmaßnahmen müssen Social-Media-Maßnahmen natürlich in das Gesamtkonzept integriert sein, und das Gesamtkonzept samt Zielen Strategien, Abstimmung der Maßnahmen untereinander usw. ist viel wichtiger und daher sorgfältiger zu planen als einzelne Maßnahmen – egal ob klassische Werbung oder Social-Media-Marketing.
Aber wenn man an dem Punkt ist, dass man überlegt, welche Maßnahmen geeignet sind, um seine Ziele zu erreichen, dann kann man auch mal an die Möglichkeiten denken, die Web 2.0 bietet.
Selbstverständlich ist weder Twitter noch sonst ein Web 2.0-Tool ein Wundermittel. Es ist mit Arbeit verbunden und kann seine Wirkung nur entfalten, wenn es zur Einrichtung passt und in den Kommunikationsmix integriert ist.

Links

Twitter

Twitter im Kulturmarketing

Twitternde Kulturbetriebe

Die Twittersuche nach „Museum“ gibt 139 Treffer, die nach „Theater“ 217; 332 Treffer gibt „theatre“ und 236 sind es bei „Gallery“. Klingt ja nach einer ganzen Menge…
Natürlich sind hier viele Einrichtungen dabei, die Twitter sehr selten nutzen oder kurz ausprobiert haben, nun aber gar nicht mehr nutzen.
Nicht immer sind es Einrichtungen – es können auch auch Schauspieler sein, Künstler, Themen-Blogger oder Personen, die sonst in irgend einer Beziehung zu Museen/ Theatern/ Galerien stehen.

Ein paar Beispiele:

Follow me on Twitter!
Wie man unschwer aus diesem Artikel herauslesen kann, gehöre ich zum Lager der Twitter-Fans. Aber das noch nicht lange – ich habe mich bis vor kurzem gewehrt, da mir die „Gegenargumente“ sehr stichhaltig schienen.
Nun habe ich es ausprobiert, und ich finde, die Pro-Argumente überwiegen. Wie bei allen Social-Media-Anwendungen muss man aber darauf achten, sich während der Arbeit nicht zu sehr davon ablenken zu lassen und sich nicht in Diskussionen zu verlieren, damit Zeitaufwand und Nutzen in einem guten Verhältnis stehen.

Follow me :-) http://twitter.com/karinjanner