Expertenbefragung zum Thema Online-Marketing im Kulturbereich: Interview mit Renate Panke

Nach einer urlaubsbedingten Pause geht es nun weiter auf meinem Blog, und zwar wieder mal mit einem Interview.
Es ist das 21. Interview in meiner Expertenbefragung zum Thema Online-Marketing im Kulturbereich:

Renate Panke

(Foto: Bernd Brundert)

Renate Panke, Foto: Bernd Brundert

Renate Panke arbeitet als Online-Redakteurin und Marketingberaterin in Berlin. Sie unterstützt Künstler dabei, sich mit Hilfe des Internets in Szene zu setzen.

Seit mehr als drei Jahren ist sie das administrative Herz der Blogplattform theaterblogs.de. Durch ihre Arbeit für die Theatercommunity hat sich die studierte Politologin zur Spezialistin in Sachen Blogs entwickelt. Darüber hinaus gehört sie seit eineinhalb Jahren zum festen Team von theaterjobs.de, dem größten deutschsprachigen Online-Theater-Stellenmarkt.

Für Renate Panke sind die Möglichkeiten des Web 2.0 zu einer echten Leidenschaft geworden. Insbesondere Künstler und Kulturschaffende möchte die 39-Jährige für den Gang ins Netz begeistern. „Bloggen macht Spaß“ ist denn auch ihr erklärtes Motto, das sie gerne in Workshops und Seminaren an andere weitergibt.

Zu den Fragen

Das Internet hat das Marketing, dabei vor allem die Kommunikationspolitik, grundlegend verändert. „Kein anderes Medium veränderte in den letzten Jahren sowohl die Kommunikationsgewohnheiten als auch die Austauschbeziehungen in vergleichbarer Weise wie das Internet und wird es in den nächsten Jahren weiterhin revolutionieren“, sagt dazu Dr. Armin Klein, Professor am Institut für Kulturmanagement der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg.

1) Mehr und mehr Unternehmen ergänzen ihren Marketing-Mix durch Online-Marketing-Maßnahmen. Wie sieht es im Kulturbereich aus? Hat sich das Internet im Kulturmarketing schon durchgesetzt?

Ich habe bei meiner täglichen Arbeit vor allem mit Einzelkünstlern, wie Theaterleuten, Schauspielern usw. zu tun. Diesen ist durchaus bewusst, dass das Medium Internet eine wirksame Präsentationsmöglichkeit ihrer Person darstellt. Leider hapert es oft am Geld, um eine professionelle Website erstellen zu lassen. Deshalb bieten wir in unserer Theatercommunity kostenfreie Blogs an. Wir haben das Redaktionssystem von WordPress modifiziert und so benutzerfreundlich wie nur möglich gemacht. Dennoch scheitern viele Künstler schon daran, einen Beitrag einzustellen oder ein Bild hochzuladen. Ich denke, das liegt nicht zuletzt an der Einstellung der Künstler. Viele empfinden den PC als böse und das Internet als kreativitätsfeindlich. Wir möchten mit theaterblogs.de zeigen, dass das Gegenteil der Fall ist.

2) Web 2.0 -”das Mitmach-Web”, wird zurzeit viel diskutiert. Anfangs wurden Blogs, Podcasts, Wikis und andere “Web 2.0?-Anwendungen eher als Spielzeug der Webaffinen gesehen, in jüngster Zeit werden Anwendungsmöglichkeiten für das Marketing ausgelotet. Siehst Du hier Potenziale und Chancen für das Online-Marketing von Kultureinrichtungen?

Potenziale können nur genutzt werden, wenn man den Dingen gegenüber offen ist und wirklich Lust hat, sie auszuprobieren. Das Gros der Theaterleute, die bei theaterblogs.de mitmachen, bleibt jedoch nicht lange dabei. Seit der Gründung vor 3 Jahren haben sich ca. 650 Theaterleute angemeldet. Mehr als die Hälfte hat den Blog in der Zwischenzeit wieder aufgegeben. Viele sehen den Sinn für ihr berufliches Fortkommen nicht und damit fehlt ihnen auch die Motivation, sich mit der Sache intensiv auseinanderzusetzen. Andererseits kann ich gut verstehen, dass sich viele Menschen von den rasant wachsenden Kommunikationsmöglichkeiten überfordert fühlen. Die Medien berichten täglich von Dingen, von denen man nicht genau weiß, wofür sie da sind. Gleichzeitig wird einem suggeriert, dass man ein Idiot ist, wenn man sie nicht benutzt. Ich denke, da sollte man sich nicht unter Druck setzen lassen. Bis vor einem Monat wusste ich zum Beispiel noch nicht genau, was Twitter ist. Jetzt probiere ich es aus. Ich lasse mir aber grundsätzlich die Option offen, jederzeit wieder damit aufzuhören, falls es sich für mich als nicht nützlich herausstellt.

3) Zum Status Quo des Online-Marketings in Kultureinrichtungen: Wie betreibt denn der “typische Kulturbetrieb” Online-Marketing? Welche Möglichkeiten sind Kulturbetrieben bekannt, welche Maßnahmen führen sie durch?

Zu den Maßnahmen, die ein „typischer Kulturbetrieb“ durchführt, kann ich nicht viel sagen. Ich habe auch Schwierigkeiten, den Begriff überhaupt zu definieren. Wir haben bei theaterjobs.de engen Kontakt zu allen Arten von Theatern und Gruppen – mit den großen staatlichen Bühnen genauso wie mit den Ein-Mann-Theatern der freien Szene. Fakt ist, dass die Bürokratie an den öffentlichen Theatern stärker ausgeprägt ist als bei den privaten Theatern und sich Veränderungen hier nur sehr langsam durchsetzen. Bislang hat es von den rund 400 Staats-, Landes- und Stadttheatern in Deutschland bislang nur das Badische Staatstheater in Karlsruhe gewagt, einen eigenen Blog einzurichten. Ungeachtet der rechtlichen Fragen, bezüglich Urheberrechte bei der Veröffentlichung von Bilden, Texten und Videos, die natürlich vorab geklärt werden müssen, haben die Theater vor allem Angst , zu viel von sich preiszugeben. Aber darin liegt ja gerade die Chance der Theater! Wenn die Theater ihre persönliche Seite zeigen, wird das Publikum sich eher identifizieren und alles dafür tun, dass es „seinem“ Theater gut geht.
Da ist noch viel Überzeugungsarbeit notwendig.

4) Blick in die Zukunft: Was wird in den nächsten 3-5 Jahren im Online-Kulturmarketing passieren? Wie werden Kultureinrichtungen das Internet im Marketing nutzen? Wohin geht die Entwicklung?

Ich hoffe doch aufwärts *grins*. Bei den öffentlichen Theatern werden die Sparzwänge dazu führen, dass sie sich stärker als bisher den neuen Wegen des Marketings öffnen. Es muss nur ein renommiertes Theater vorangehen und seinen Erfolg medial in Szene setzen, dann wird der Druck auf die anderen so groß, dass sie gezwungenermaßen folgen müssen.

5) Was rätst Du Kultureinrichtungen, die mit Online-Marketing starten oder die ihr Online-Marketing verbessern wollen? Kurzer Tipp von der Expertin?

Keine Angst vor Fehlern, neugierig sein und ausprobieren! Das Web 2.0 ist eine Riesenspielwiese, auf der wir alle herumtollen und uns am gegenseitigem Miteinander erfreuen. Und da darf auch gerne mal was nicht klappen. Fehler passieren jedem. Dann halt anders an die Sache herangehen und sich nicht scheuen, andere um Rat zu fragen. Das ist übrigens eine fundamentale Erkenntnis, die ich in den letzten Jahren im Umgang mit dem Web 2.0 gewonnen habe: Zeige Dich als Mensch, gib etwas von Dir und habe Vertrauen, dann erhältst Du das Gleiche vom anderen zurück.

6) Vielen Dank!

Zur Befragung

Hat das Internet schon Einzug gehalten in den Kulturbereich? Wird es für das Marketing genutzt? Wie sieht der Status Quo des Online Kulturmarketing aus und was könnte die Zukunft bringen? Was sagen Experten dazu?

Studie gibt es bisher keine zu diesem Thema; ich habe beschlossen, die Einschätzung einiger ExpertInnen einzuholen und die Interviews in mein Blog zu stellen – und dann abschließend eine Auswertung zu liefern.

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