Expertenbefragung zum Thema Online-Marketing im Kulturbereich: Interview mit Ulrike Schmid

Nr. 16 meiner Interview-Serie zum Thema Online-Marketing / Web 2.0 im Kulturbereich.

Ulrike Schmid

Ulrike SchmidSie studierte Mittlere und Neuere Geschichte sowie Vergleichende Textilwissenschaft an den Universitäten Münster und Dortmund. Nach dem Studium verschlug es sie in die PR. 2006 gründete sie ihre eigene Kommunikationsberatung mit dem Schwerpunkt Kunst und Kultur.

Aktuell berät und begleitet sie die Kronberg Academy auf ihrem Weg ins Web 2.0 (Blog Kronberg 2.0, Aktivitäten der Kronberg Academy in Social Networks). In ihrem eigenen Blog Kultur 2.0 schreibt sie über Kultur, Kulturvermittlung und Kommunikation – und wie man das Web 2.0 dafür nutzen kann.

Zu den Fragen:

Das Internet hat das Marketing, dabei vor allem die Kommunikationspolitik, grundlegend verändert. “Kein anderes Medium veränderte in den letzten Jahren sowohl die Kommunikationsgewohnheiten als auch die Austauschbeziehungen in vergleichbarer Weise wie das Internet und wird es in den nächsten Jahren weiterhin revolutionieren”, sagt dazu Dr. Armin Klein, Professor am Institut für Kulturmanagement der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg.

1) Mehr und mehr Unternehmen ergänzen ihren Marketing-Mix durch Online-Marketing-Maßnahmen. Wie sieht es im Kulturbereich aus? Hat sich das Internet im Kulturmarketing schon durchgesetzt?

Internet hat sich dahingehend durchgesetzt, dass so gut wie keine Kultureinrichtung mehr ohne eine eigene Website auskommt. Die Auftritte variieren natürlich stark. Die Bandbreite reicht von der einfachen Einstellung des Veranstaltungsprogramms bis hin zu ganz aufwändigen Webauftritten mit interaktiven Elementen, wie Tag Clouds, eigenen Communities, Podcasts oder Ticketing. Viele Kulturinstitutionen/-schaffende versenden mittlerweile auch Email-Newsletter, und kündigen ihre Veranstaltungen bei Online-Veranstaltungskalender an. Man muss sich nur einmal die Listen auf Kulturkurier ansehen, um festzustellen, wie viele Institutionen bereits ihre eigenen Newsletter versenden. Viele sind mittlerweile auch mit einem Artikel bei Wikipedia vertreten.

2) Web 2.0 -”das Mitmach-Web”, wird zurzeit viel diskutiert. Anfangs wurden Blogs, Podcasts, Wikis und andere “Web 2.0″-Anwendungen eher als Spielzeug der Webaffinen gesehen, in jüngster Zeit werden Anwendungsmöglichkeiten für das Marketing ausgelotet. Siehst Du hier Potenziale und Chancen für das Online-Marketing von Kultureinrichtungen?

Ich sehe hier ein großes Potenzial, weil sich den Kultureinrichtungen nicht nur die Chance bietet, sich zu präsentieren sondern auch mit ihrem Publikum in Dialog zu treten. Es können Geschichten erzählt, Blicke hinter die Kulissen gewährt werden und das Publikum kann sich öffentlich austauschen. Man muss als Einrichtung natürlich auch bereit sein für den Dialog. Es nutzt ja nichts, sich einerseits ganz modern und jung präsentieren zu wollen und andererseits den Dialog auszuklammern.

Da es für kleinere oder alternative Einrichtungen oft schwerer ist, den Weg ins Feuilleton zu schaffen, kann gerade auch für sie Web 2.0 eine gute Möglichkeit sein, mit ihrem Programm ins öffentliche Bewusstsein zu kommen.

3) Zum Status Quo des Online-Marketing in Kultureinrichtungen: Wie betreibt denn der “typische Kulturbetrieb” Online-Marketing? Welche Möglichkeiten sind Kulturbetrieben bekannt, welche Maßnahmen führen sie durch?Â

Grundsätzlich denke ich, dass Marketing für Museen eine immer größere Bedeutung gewinnt. Die Zeiten, als ein Kunsthistoriker oder ein Musikwissenschaftler Marketing und PR nebenbei mitgemacht haben, sind vorbei. Es gibt Häuser, die speziell Marketingleute aus der Consumer-Branche eingestellt haben, damit sie die dort gelernten Tools jetzt auf die Kultur übertragen. Wie schon gesagt, versenden viele Kultureinrichtungen E-Mail-Newsletter, sind bei Wikipedia vertreten, verkaufen ihre Tickets online, stellen Pressemeldungen ins Netz (teils sogar mit RSS-Feed) und sind in Veranstaltungskalendern gelistet. Oftmals wird die Bedeutung der Online-Medien gegenüber den klassischen Medien unterschätzt. Dies macht sich zum Beispiel in der Vernachlässigung von Online-Redaktionen bemerkbar. Auch langfristig angelegte Konzepte zur Interaktion mit dem Publikum sind noch eher Mangelware.

4) Blick in die Zukunft: Was wird in den nächsten 3-5 Jahren im Online Kulturmarketing passieren? Wie werden Kultureinrichtungen das Internet im Marketing nutzen? Wohin geht die Entwicklung?Â

Da es noch immer Ressentiments gibt, wird sich Online-Marketing nur allmählich durchsetzen. Ich denke, zunächst werden Webauftritte optimiert, Podcasts und Videoclips eingebunden, oder Möglichkeiten der Interaktion, wie beispielsweise Artikel zu bookmarken oder Lieblingskunstwerke auszuwählen, geschaffen. Bis der Austausch zwischen Kultureinrichtung und Publikum allerdings den Stellenwert erhält, der ihm angemessen ist, werden wahrscheinlich noch einige Jahre ins Land ziehen.

Die Kulturschaffenden, die ich bisher kennen gelernt habe, lassen sich in drei Gruppen aufteilen:

  • Die erste Gruppe ist eher ablehnend. Hier fehlt es noch an Verständnis und Interesse, sich mit der Materie auseinander zu setzen.
  • Die zweite Gruppe hört interessiert zu, auch wenn sie selbst noch nicht vollständig überzeugt sind.
  • Und die dritte Gruppe hat die Möglichkeiten erkannt, die Ihnen Web 2.0 bieten.

Dabei hat übrigens, meiner Erfahrung nach, die Haltung nichts mit dem Alter zu tun. Häufig ist es auch die jüngere Generation, die den neuen Medien skeptisch gegenübersteht.

5) Was rätst Du Kultureinrichtungen, die mit Online-Marketing starten oder die ihr Online-Marketing verbessern wollen? Kurzer Tipp vom Experten?Â

Klein anfangen und nur das machen, was regelmäßig zu schaffen ist.

Man sollte sich nicht verzetteln. Alle Tools stehen zwar kostenlos zur Verfügung, sind aber, will man es regelmäßig und gut machen, sehr zeitintensiv. Deshalb lieber weniger und das dann richtig.

Ich habe meinen Kunden, je nach „Entwicklungs-Stadium“ und finanziellen Ressourcen, ganz unterschiedliche Maßnahmen empfohlen: mal die Überarbeitung der Internetseite oder eine Platzierung beim Kulturkurier. Für andere eignet sich ein Email-Newsletter oder die Präsenz in diversen sozialen Online-Netzwerken. Das kann bis zu einer von mir präferierten 360°-Lösung ausgebaut werden, die Twitter, Flickr, YouTube, diverse soziale Online-Netzwerke, Bookmarks, RSS auf der Internetseite und einen eigenen Blog berücksichtigen.

6) Vielen Dank! Und weiterhin viel Erfolg bei Deinen Aktivitäten!

Zur aktuellen Befragung

Hat das Internet schon Einzug gehalten in den Kulturbereich? Wird es für das Marketing genutzt? Wie sieht der Status Quo des Online

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Kulturmarketing aus und was könnte die Zukunft bringen? Was sagen Experten dazu?

Studie gibt es bisher keine zu diesem Thema; ich habe beschlossen, die Einschätzung einiger ExpertInnen einzuholen und die Interviews in mein Blog zu stellen – und dann abschließend eine Auswertung zu liefern.

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