Expertenbefragung zum Thema
Online-Marketing im Kulturbereich:
Interview mit Sabrina Fütterer

Interview Nr. 18 meiner Expertenbefragung zum Thema Online-Marketing im Kulturbereich:

Sabrina Fütterer

Sabrina FüttererSabrina Fütterer hat Soziologie in Köln und Kulturmanagement in Ludwigsburg studiert.
Im Rahmen ihrer Magisterarbeit hat sie ein Internetmarketing/ Web2.0-Konzept für das Hohner-Konservatorium Trossingen entworfen und die Maßnahmen koordiniert (Akkordeon Wiki, Hohner Konservatorium Blog).

Sie ist im Bereich Internetkulturmarketing selbstständig tätig (www.ikum.de) und berät Kulturbetriebe bei der Erstellung und Durchführung von Internetmarketingkonzepten und Web 2.0-Maßnahmen.

Zu den Fragen

Das Internet hat das Marketing, dabei vor allem die Kommunikationspolitik, grundlegend verändert. “Kein anderes Medium veränderte in den letzten Jahren sowohl die Kommunikationsgewohnheiten als auch die Austauschbeziehungen in vergleichbarer Weise wie das Internet und wird es in den nächsten Jahren weiterhin revolutionieren”, sagt dazu Dr. Armin Klein, Professor am Institut für Kulturmanagement der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg.

1) Mehr und mehr Unternehmen ergänzen ihren Marketing-Mix durch Online-Marketing-Maßnahmen. Wie sieht es im Kulturbereich aus? Hat sich das Internet im Kulturmarketing schon durchgesetzt?

In manchen kulturellen Bereichen hat sich das Online-Marketing durchaus schon durchgesetzt. Gerade im populären Musikbereich gehört Online-Marketing schon standardmäßig dazu. In anderen Bereichen sieht das noch etwas anders aus, aber auch hier wächst die Nachfrage spürbar. Die Webseite gehört auf jeden Fall schon zum Standard, aber das Bewusstsein dafür, was darüber hinaus möglich ist, fehlt noch.

Dann erstaunt es umso mehr, wenn ich Anfragen von sehr kleinen Kulturbetrieben bekomme, die ihre Webpräsenz richtig auf Vordermann bringen wollen und dem Thema Web 2.0 sehr offen gegenüber stehen. Die meisten sind eigentlich begeistert, wenn man Ihnen erklärt, was mit geringem Zeitaufwand und relativ wenig finanziellen Mitteln so alles möglich ist. Ich habe den Eindruck, dass die Entwicklung hier die Leute einfach überholt hat und viele Begrifflichkeiten abschrecken. Wenn man den Leuten in Ruhe erklärt, was Web 2.0 bedeutet, wieso Suchmaschinenmarketing wichtig ist, dann sind sie meistens auch sehr an einer Umsetzung interessiert.

Ein sehr deutlicher Trend ist auf jeden Fall das Onlineticketing.

2) Web 2.0 -”das Mitmach-Web”, wird zurzeit viel diskutiert. Anfangs wurden Blogs, Podcasts, Wikis und andere “Web 2.0″-Anwendungen eher als Spielzeug der Webaffinen gesehen, in jüngster Zeit werden Anwendungsmöglichkeiten für das Marketing ausgelotet. Siehst Du hier Potenziale und Chancen für das Online-Marketing von Kultureinrichtungen?

Die sehe ich auf jeden Fall. Wobei ich schon langsam das Gefühl habe, dass der Web 2.0 Hype am abflachen ist. Web 2.0 Maßnahmen sollten auf jeden Fall von Kulturbetrieben nicht einfach nur eingesetzt werden, um auch was Web 2.0lliges zu haben, sondern man sollte sich zuvor genau überlegen:

  • Wer ist meine Zielgruppe
  • Was will ich kommunizieren
  • Wie muss ich es kommunizieren, damit es meine Zielgruppe erreicht.

Je nachdem kann dann der Einsatz von Web 2.0 Maßnahmen, also zum Beispiel Blogs oder Wikis, sinnvoll sein. Hab ich niemanden, der Zeit oder Lust hat, regelmäßig zu bloggen, macht das Einrichten eines Blogs nur wenig Sinn.

Blogs und Podcasts können, richtig eingesetzt, dem Besucher einen großen Mehrwert bringen und ihn an die Einrichtung binden. Da es sich hierbei um klassische Pull-Marketing-Instrumente handelt, bei denen der Besucher selbst aktiv wird, ist auch sein Involvement größer. Das heißt, dass er den Blogs und Wikis auch emotionaler gegenüber eingestellt ist. Und wer könnte schöner Geschichten in einem Blog erzählen als beispielsweise ein Theater?

Kulturbetriebe können auf dem Wege Web 2.0 mit Ihren Besuchern in Kontakt treten, sie um Feedback bitten und ihnen auf gleicher Augenhöhe begegnen. Leider wollen das noch nicht so viele.
Ganz klar steht die „Mission“ des Kulturbetriebes im Vordergrund, also die Umsetzung der ästhetischen und künstlerischen Zielsetzung, die ja erst die öffentliche Trägerschaft legitimiert. Dennoch geht es auch für Kulturbetriebe darum, möglichst viele Menschen zu erreichen, denn

„bestimmte inhaltliche Ziele ästhetischer, bildungspolitischer, kultureller oder allgemein künstlerischer Art können nur durch das Erreichen eines Publikums erfüllt werden“

(vgl. Klein, Armin: Kulturmarketing, DTV, München 2003, S. 9).

Eine zentrale Aufgabe von Kulturbetrieben ist deshalb auch die Besucherorientierung.  Da bereits ein Großteil der Besucher das Internet zur Freizeitplanung nutzt, muss die Besucherorientierung auch hier stattfinden, zumal das Publikum  in einer „Multioptionsgesellschaft“ eine große Auswahl hat und sie auch trifft.
Mit Blogs, Podcasts und Wikis kann eine unmittelbare Besuchernähe geschaffen werden. Sie ermöglichen auch eine direkte, aktive Einbindung der Besucher, was wiederum eine Stärkung der Kundenbindung zur Folge hat.

Weitere Potentiale sehe ich auch auf jeden Fall im Bereich Suchmaschinenmarketing. Viele große Häuser kann man gar nicht finden, wenn man sie googelt. Und die Realität ist leider, „was Google nicht findet, existiert nicht“.

3) Zum Status Quo des Online-Marketings in Kultureinrichtungen: Wie betreibt denn der “typische Kulturbetrieb” Online-Marketing? Welche Möglichkeiten sind Kulturbetrieben bekannt, welche Maßnahmen führen sie durch?

Also Status quo ist tatsächlich nur die Webseite. Bei Theatern sieht man immer mehr, dass das Onlineticketing deutlich zunimmt.

4) Blick in die Zukunft:
Was wird in den nächsten 3-5 Jahren im Online Kulturmarketing passieren? Wie werden Kultureinrichtungen das Internet im Marketing nutzen? Wohin geht die Entwicklung?

Ich denke, dass die Präsenz noch deutlich multimedialer werden wird, dass man mehr Video- und Audiodateien auf den Webseiten von Kultureinrichtungen finden wird. Das Suchmaschinenmarketing wird sicherlich auch noch relevanter werden.

Gerade durch das professionelle Auftreten der Konkurrenten sind die Kulturbetriebe herausgefordert, entsprechend zu reagieren. Denn zu den Muss-Serviceleistungen, die aus Sicht der Kunden unabdingbar erbracht werden müssen, zählen auch alle Leistungen, die bereits von den meisten Anbietern der Branche als Standardleistung, wie beispielsweise Online-Ticketing oder Newsletter, erbracht werden. Der Besucher setzt das Vorhandensein solcher Leistungen dann voraus. Kulturbetriebe müssen sich hier entsprechend ihrer Konkurrenz anpassen, jedoch gleichzeitig das ihnen ganz eigene Profil schärfen.

Gerade mit Web 2.0-Maßnahmen kann es ihnen gelingen, sich von der Masse abzuheben, keine übliche Einheitskommunikation zu betreiben und die Besucher gezielt anzusprechen. Wobei betont werden muss, dass Web 2.0-Maßnahmen keinen Selbstzweck haben und keinen Wert an sich darstellen, sondern im Speziellen auf jeden Kulturbetrieb abgestimmt werden müssen. Wie beim „klassischen“ Marketing passt nicht jedes Instrument zu jedem Betrieb. Man kann also Kulturbetrieben nur schwer allgemeingültige Empfehlungen für ein erfolgreiches Internetmarketing geben.

5) Was rätst Du Kultureinrichtungen, die mit Online-Marketing starten oder die ihr Online-Marketing verbessern wollen? Kurzer Tipp von der Expertin?

Nicht alles macht für alle Sinn. Man sollte sich vorher genau überlegen, was man wem sagen will und danach seine Strategie ausrichten.
Die meisten Leute besuchen heutzutage zuerst die Website einer Einrichtung, bevor sie sie besuchen. Die Webpräsenz muss also Lust auf den Besuch machen. Daran sollte nicht gespart und besser ein Experte zu Rate gezogen werden.

6) Vielen Dank!

Zur aktuellen Befragung

Hat das Internet schon Einzug gehalten in den Kulturbereich? Wird es für das Marketing genutzt? Wie sieht der Status Quo des Online Kulturmarketing aus und was könnte die Zukunft bringen? Was sagen Experten dazu?

Studie gibt es bisher keine zu diesem Thema; ich habe beschlossen, die Einschätzung einiger ExpertInnen einzuholen und die Interviews in mein Blog zu stellen – und dann abschließend eine Auswertung zu liefern.

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